Sexbesessener Herzog und ein Narr, der besticht. Rigoletto in München

Xl_b86e7129-576d-409c-beca-4168d49e2840 © Christian Pogo

Wüst ist das Treiben am Hof, ausschweifend der Sex, Alkohol unüs Drogenkonsum. Herbert Föttinger, Intendant des Wiener Theaters in der Josefstadt und Regisseur dieser Neuinszenierung von Giuseppe Verdis Rigoletto am Gärtnerplatztheater, gewährt in seiner Gestaltung des Hoflebens in eine moderne übersättigte männliche Spaßgesellschaft in dunklen Anzügen. Mittendrin der junge Herzog im knallroten Anzug, junge lockere Damen und ein korpulenter Hofnarr, blaue Perücke, weiss geschminkt mit dicken roten Lippen. Erinnerungen an den Oscar prämierten Film Joker werden wach. Aber dieser Narr treibt ein einflussreiches Spiel und ein Doppeltes. Verläßt er die Exzesse und legt seine Verkleidung ab kehrt er in sein Haus, zugleich das Gefängnis seiner innig geliebten Tochter Gilda, die er vor dieser wilden Horde schützen will.

Düster und Dunkel ist die DrehBühne von Walter Vogelweider gestaltet. Die Gebäudefronten sind angedeutet und graue Betonblöcke ragen in die Höhe, Treppen und verschiedene Durchgänge lassen Inneres und Äusseres von Häusern erahnen und dienen als Verstecke oder für Auf- und Abgänge. Geschickt wechselt so der Ort ohne Umbau aber auch ohne spürbare Abwechslung. Nur im Schlussbild zieren Strassenlaternen und eine modrige Zapfsäule. Es ist aber die intensive und situationsechte Personenregie mit vielen Gesten, die Leben und Stimmung auf die Bühne bringt. Sexspielchen, Rauschgift schnupfen oder ein fassadenkletternden Herzog gehören hier genauso dazu wie innige Gesten der Vaterliebe.

Die Sänger zeigen Einsatz und Spielfreude und die Herkunft des Regisseurs von Schauspiel ist klar erkennbar. Musikalisch durchdringt Oleg Ptashnikov die Partitur Verdis mit viel Gespür und Balance. Unaufdringlich ohne grosses Getöse aber mit umso mehr nuancenreichen Phrasierungen schafft er einen musikalischen Rahmen in dem sich die Sänger, Chor und Orchestermusiker gut wiederfinden und unterstützt werden. Aris Argiris ist ein mächtiger junger Sänger mit einem beeindruckend vielseitigen und kräftigen sowie auch lyrischen Bariton. Sein Rigoletto ist ein zynischer, süffisanter Hofnarr, der leidenschaftlich um Hilfe für seine Not erflehen kann, um dann als rasender Vater seine verführte Tochter rächen will. Am Ende berührt er schmerzvoll als trauernder Vater und gehörnter Rächer. Dabei folgt ihm seine Stimme in alle Lagen und Gefühlswelten. Der lüsterne Wüstling mit seine Exzessen scheint Lucian Krasznac Freude in der Gestaltung der Rolle zu machen. Mit viel Einsatz, körperlich und stimmlich überzeugt auch er als Herzog von Mantua. Sein Tenor ist sicher in allen Lagen, intoniert auch in der Höhe rein, zeigt Kraft bis zuletzt. Klanglich ist die Stimme schmal und ohne wärmenden Schmelz. Die jungfräulich mädchenhafte Gilda gestaltet Ilia Staple mit einem klar, glöckchengleich und höhensicheren Sopran mit kräftigen Spitzentönen. Christoph Seidl steigert sich als Sparafucile zu einem vollmundigen nicht zu gefährlich wirkenden Bass. Timos Sirlantzis bleibt als Monterone elegant zurückhaltend und wenig furchterregend mit seinem doch die Handlung bestimmenden Fluch. Wiederum zeigt der Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz seine ausgezeichnete Form.

Grosse Begeisterung im vollen Haus mit erfreulich vielen jungen Besuchern. Copyright Christian Pogo

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