Sophia Jani im Gespräch - Eine KomponistIn muss Strahlkraft haben

Xl_sophia_jani2 © Sophia Jani

Eine KomponistIn muss Strahlkraft haben

Die junge Münchner Komponistin Sophia Jani im Gespräch mit Opera Online

Sophia Jani ist in München geboren und aufgewachsen. Engagiert mit schier unendlichem Elan arbeitet sie insbesondere an einer fokussierten Tonsprache und ideenreich an der Kommunikation mit neuen Hörergruppen.

Sie haben Klavier und Violine studiert, unter anderem auch in Bordeaux. Wie ist der Wunsch entstanden eigene Werke zu verfassen?

Nach dem Abitur war der Wunsch groß, woanders hin zu gehen, raus aus dem was ich kannte. Gegen Ende meiner Schulzeit habe ich begonnen die Strukturen in Frage zu stellen. Vielleicht habe ich in dieser Zeit auch eine Art Autoritätsproblem entwickelt. Durch die Verbindungen meiner Klavierlehrerin bin ich ans Konservatorium in Bordeaux gekommen. Ich habe dort wenig studiert aber viel Musik gemacht und gehört und neue Musik für mich entdeckt. Ich bin mit Klassik aufgewachsen und wollte andere Genres besetzen. Dabei habe ich auch mit Komponieren begonnen, dachte auch daran ein Label zu gründen.

Wieso wurde der Weg zur Komposition für Film und Medien eingeschlagen?

Zurück in Deutschland habe ich angefangen BWL zu studieren und auch mit einem Bachelor abgeschlossen, mit dem Ziel einen Master in Kulturmanagement zu machen. Dabei einen internationalen Studiengang mit Englisch und Französisch belegt, da ich Fremdsprachen für wichtig hielt. Daneben habe ich aber viel und ernsthaft Musik gemacht und meinen Freundeskreis mehr im künstlerischen Umfeld gehabt als an der BWL Fakultät. Es war mir wichtig breit aufgestellt zu sein und vieles zu erforschen.
2013 habe ich mich dann an der Musikhochschule für Komposition für Film und Medien eingeschrieben, bei Gerd Baumann studiert und 2017 den Abschluß gemacht.
Der Studiengang war sehr frei und hat viel Raum gegeben sich künstlerisch zu entfalten. Ich habe mich mit dem Thema Produktion und Sound beschäftigt, Musik für Theater, Tanz und Film geschrieben, aber vor allem auch mein Interesse an zeitgenössischer klassischer Musk entdeckt.
Mit dem Independant Label Denovali, habe ich 2014 gemeinsam mit dem Pianisten und Komponisten Carlos Cipa eine erste EP veröffentlicht.

Wie hat sich ihr Werdegang und Ihre Ausbildung in den letzten Jahren entwickelt? Welche Meilensteine würden Sie hervorheben?

Durch die breite Ausbildung und die vielen unterschiedlichen Einflüsse gleichzeitig, auch im privaten Kontaktbereich hat sich mein Komponieren ebenso breit und vielfältig entwickelt. Ich unterscheide hier meine Entwicklung in notierten und nicht notierten Bereich.
Durch Notation schreibe ich Musik für andere, versierte Instrumentalisten, die Ihr Instrument beherrschen, wie ich es nicht kann. Ich kann alles machen und umsetzen und komme so zu einem anderen Ergebnis.
Mir ist es wichtig in der Komposition eine fokussierte Sprache zu finden. Sie muss nach 21. Jahrhundert klingen, Emotionen bzw Stimmungen vermitteln. Ich reduziere um zum Fokus zu kommen. Jede Kreation ist wie ein Wunder, ich will etwas finden und die Suche kreiert das Stück. Das Ergebnis ist nicht klar, wie das Ziel wo ich hinkomme. Ich verfolge eine musikalische Idee, welche die Gesetze der gerade entstehenden Musik erfüllt. 

Wesentlicher Meilenstein in der Entwicklung ist für mich mein aktuelles Masterstudium an der Yale University und hier mein Studiengang bei David Lang, dessen Musik ich sehr schätze und die mich sehr beeinflusst hat.  Der Umgang, die Haltung mit der zeitgenössischen Musik ist in Amerika breit gefächerter, offener. In Mitteleuropa wird die atonale Richtung – in der Tradition der zweiten Wiener Schule verfolgt.

Was unterscheidet Filmmusik zur zeitgenössischen Klassik?

In der Filmmusik ist der Komponist Teil eines Ganzen und der Regisseur hat wesentlichen Einfluss. Stilistisch muss die Filmmusik breit bleiben, um auf alles reagieren zu können.

Welche geistigen Väter/Mütter würden Sie für sich nennen?

Bach, eigentlich alles bis auf die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, die Spätromantik. Dann wieder Impressionismus und die elektronische Musik, insbesondere Laurie Spiegel, Ryuichi Sakamoto, Björk, Tim Hecker.

Welche besonderen künstlerischen Herausforderungen würden Sie für zeitgenössische Komponisten herausheben?

Für mich ist es die Herausforderung, die Figur der Komponistin präsenter zu machen. Die zeitgenössische Musik ins 21. Jahrhundert zu bringen. Dazu gehört neue Hörergruppen zu erreichen. Die klassische Musik mit ausgebildeten Interpreten weiteren Gruppen zu eröffnen.
Dabei müssen neue Wege beschritten, offener und freier kommuniziert werden.
Welche neuen Konzertformate können wir bespielen, an welchen Orten? Ich habe eine Konzertreihe in einem Techno Club vorbereitet, leider scheiterte das Projekt an den finanziellen Mitteln.
Durch meine vielschichtigen Kontakte verbinde ich auch viele Elemente in meiner Kommunikation mit dem Publikum, wie auch in dem Projekt mit Teresa (– s. u. .) die visuelleund auditive Ebene. Die Jugend/ die Millenial Generation ist mit Musikvideos aufgewachsen. Die zeitgenössische Klassik läßt in dieser Hinsicht vieles aus. Das ist bisher Brachland.
Alben spielen für die jugendliche Zielgruppe ebenso eine große Rolle. Jeden Freitag erscheinen neue Alben, eine Playlist wird erstellt und in den Sozialen Medien sowie Spotify vorgestellt. Hier muss die Klassik aufscheinen. Die modernen Komponisten hängen noch zu fest an Kompositionsaufträgen, Verlagsaufträgen und bleiben passiv.

Was macht eine gute KomponistIn aus?

Strahlkraft! Die Musik muss zugänglich sein, verstanden werden und die Zuhörer mitgenommen werden.
Die künstlerische Stimme muss authentisch sein, ausdrucksvoll und für sich stehen.

Wurden durch die Pandemie wichtige Projekte abgesagt oder verschoben?

Zum Glück wurde ich durch die Pandemie nicht sehr getroffen. Ein Projekt in Dänemark wurde abgesagt, dafür habe ich viel Zeit für Aufnahmen in Studios gehabt und mein Studium ist sehr gut auch online organisiert.

Erwartungen und Projekte für die Zukunft? Wunschprojekte?

Mit der Violinistin Teresa Allgaier und dem Kameramann Johannes Brugger habe ich ein erstes Musikvideo mit einer Komposition von mir  verfasst und ins Netz gestellt. Die Resonanz war überwältigend und viele neue Wege haben sich eröffnet. Hier möchte ich mehr machen. In dem Videoformat sind viele Einflüße aus verschiedensten Ecken eingeflossen.
Das ist noch ein Alleingang, aber aus der Reaktion fühle ich, dass es richtig ist und die Umsetzung stimmt.

Was bedeutet Raum - space - für Sie in Ihren Gedanken zu diesem Stück? Was wollen Sie ausfüllen Bleibt der Raum derselbe danach?

Raum ist ein interessantes Element und inspiriert mich sehr. Woher kommt etwas wohin geht etwas. Die Dreidimensionalität eröffnet neue Wege

Es sind verschiedene CD bei verschiedenen Labels erschienen. Welche Herausforderungen gibt es im Marketing, um Aufmerksamkeit zu erreichen?

Es müssen neue Ebenen gesucht werden. In Europa spielen weniger junge Instrumentalsolisten zeitgenössische Werke. In den US ist der Umgang offener, Studierende Musiker wenden sich mehr der zeitgenössischen Klassik zu.
Das Videoformat wie auch andere Konzertformate müssen neue Zuhörergruppen erreichen.
Auch Labels werden an Bedeutung gewinnen, spielen eine große Rolle.

Was inspiriert die Komponistin?

Wie erholt sich, wie schöpft Frau Jani Kraft für neue Ideen und Projekte?

Meine Kraft schöpfe ich in der Arbeit im Komponieren. Das gibt mir Energie, Elan. In der Arbeit bin ich euphorisch und mit voller Überzeugung dabei. Da mach ich zu wenig Pausen und schlaf zu wenig.

Vielen Dank für das Gespräch

Dr. Helmut Pitsch

 

Werke der jungen dynamischen Komponistin sind bei verschiedenen Labels erschienen. Der besprochene Videoclip mit Teresa Allgaier kann auf YouTube nachgesehen werden - sehenswert.

https://www.youtube.com/watch?v=USN9__UBiwQ

Hier ein paar Gedanken von Sophias zum Stück:

"when i was starting to work on this piece the country was in a lock-down, winter had put its veil over the world and leaving the house was not exactly a thing. i felt like as if i was living in a cocoon at the time. i took this feeling into the working process of the piece and explored what happens when an individual has to fill a space all by themselves. on the one hand, this results in a certain freedom and focus, on the other hand, there is no counterpart, no dialogue, nothing that complements them. the conscious dealing with sound and silence was very important to me. i wanted them to become a complementary unity rather than opposites. so in III the violin is dancing with silence, carefully exploring the space, filling it with its sound, only to leave it again in the same careful way as it entered."

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