Stradivarifest in Scoul - ein Fest der Sinne

Xl_stradi © Helmut Pitsch

Die unmittelbare Kraft der Natur und Kultur in und um die Musik spürbar. Die landschaftliche Schönheit und kulturellen Besonderheiten dieser geschichtsträchtigen Region im Schweizer Kanton Graubünden sind weltberühmt. Heilquellen, die ihren Ursprung in den sich mächtig auftürmenden Bergen ihren Ursprung haben, zogen die ersten Touristen an und die Bevölkerung, die zumeist von Viehzucht lebt, kam zu einem gewissen Wohlstand. Mittlerweile ist der Badebetrieb Nebensache, Schi- und Wandertourismus bringt jährlich viele Besucher, aber kein Vergleich mit dem Luxusbetrieb des talaufwärts gelegenen Nobelortes St. Moritz. Die Kraft der Natur, die Erdverbundenheit, Offenheit und der Heimatstolz der zumeist romanisch sprechenden Bevölkerung ist überall spürbar. Hauptort des Unterengadin und administratives Zentrum ist Scoul. Die Stadt liegt verkehrsgünstig im Talgrund am Inn, während die historisch bedeutenden Zentren Sent, Tarasp und Ftan auf Höhenterassen über dem Tal liegen und mittlwerweile eingemeindet wurden. Diese besonders im Herbst durch die prachtvolle Verfärbung der Lärchen und Laubwälder reizvolle Region wurde von dem Schweizer Stardivari Quartett zur Bühne für ihr jährlich stattfindendes Stradivarifest ausgesucht. Die vier Musiker spielen seit über 10 Jahren zusammen, aber verfolgen auch als Solisten bzw Konzertmeister an der Züricher Oper unabhängige Karrieren. Sie spielen mit Begeisterung und Vitalität zusammen. Virtuosität und technische Präzision verbindet sich mit einer gesunden Mischung aus Selbstbewusstsein und einander hören und vereinen. Keine Ermüdungs- oder Abnutzungserscheinungen sind auszumachen, ihre Musik wirkt wie neuentdeckt und mit Gespür und Feingefühl durchdrungen. Der Violinist Sebastian Bohren gibt humorvoll charmant mit Schweizer Sprachfärbung kurze Einführungen und Begleitkommentare zu den gespielten Werken. Die Verbindung zum Publikum gelingt unaufdringlich in den intimen historisch architektonischen Schmuckkästchen, wie die romanisch gotische reformierte Kirche in Sent, die neoklassizistische Aula einer Schule, der edle Speisesaal des mittelalterlichen Schlosses Tarasp oder die modern gestaltete Bar im gediegenen Hotel mit Panorama auf die Alpen. Zum Programm gehören auch Aperos im Anschluss an die Konzerte, in denen der intensive Austausch mit und unter den Konzertbesuchern gepflegt wird. Schnell wächst die Gemeinde zusammen und die Konversation wird lebhaft und freundschaftlich, das Konzerterlebnis wird aufgefrischt und die Erinnerung persönlich angereichert. Ein Konzept, das sich für die Kammermusik bestens eignet und wie hier sichtbar auch seinen Zuspruch findet und an die biedermeierlichen Salons erinnert. So erklingen in vier Konzerten auf edlen Instrumenten, verstärkt mit eingeladenen Musikern, unter anderem Schuberts grosses Streichquintett C Dur, Beethoven Sonaten für Violoncello und Klavier, sein Streichquartett a moll, welches Mendelsohn Bartholdy für sein Streichquartett a moll mehr als nur zur Vorlage nahm. Kunst und künstlerische Persönlichkeiten prägen diese Region und erweitern das Erlebnis für die Konzertbesucher. In Sent ist der Künstler Not Vital geboren, der hier einen sehenswerten Skulpturenpark geschaffen hat. Aber auch auf Schloss Tarasp, welches er vor kurzem erworben hat sind seine Werke als auch moderne Kunst von Beuys oder Dali und ein Raffael unprätentiös geradezu im Vorbeigehen zu bewundern. Ein Muß ist auch der Besuch des Alberto Giacometti Museum im Hotel Aldier in Sent. Der Eigentümer hat hier in über 30 Jahren Sammlerleidenschaft die größte Sammlung an Zeichnungen des Graubündner Künstlers zusammengetragen und ausgestellt. Aber auch Ölgemälde und Skulpturen gehören dazu sowie auch Werke des Bruders Diego Giacometti. Zur Ablenkung und seelischen Labung laden prachtvolle Panoramawanderungen zwischen den Aufführungsorten ein und runden so den Festspielbesuch ab.

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