Gioacchino Rossini L´Italiana in Algeri
Tiroler Landestheater 8. Januar 2022 – Premiere am 19.12.2021
Stumpfe Klischees im Retro Look – Rossini in Innsbruck
Gioacchino Rossini, 1792 in Pesaro in Oberitalien in eine Musikerfamilie geboren, war bereits früh ein musikalisches Wunderkind. So überraschte nicht, dass er bereits mit 20 Jahren mit seinen Opern Tancredi und L´Italiana in Algeri zum beliebten und gefeierten Opernkomponisten avancierte. Zahlreiche Meisterwerke folgten und mit seiner Grande Opera Guillermo Tell verabschiedete sich 1829 der erst 37 jährige Komponist von der Opernbühne und widmete sich seiner Leidenschaft, dem Kochen und der sakralen Musik.
Das Tiroler Landestheater zeigt nun eine Neuinszenierung der vielgespielten Opera buffo L´Italiana in Algeri. In dieser Komödie verpackt Rossini meisterhaft das Aufeinanderprallen der Kulturen von Orient und Okzident, sowie das Rollenverständnis der Geschlechter, ohne Gesellschaftskritik üben zu wollen.
Anette Leistenschneider hat die Regie für die Neuinszenierung übernommen und stellt bewusst die eingearbeiteten gesellschaftlichen Klischees des Werkes in den Vordergrund, die unabhängig von der Entstehungszeit noch heute in breiten Maße Gültigkeit haben. Dazu wählt sie mit ihrem Bühnenbildner Andreas Becker und Michael D.Zimmermann für die Kostüme den Stil der 50iger Jahre für die Ausstattung. Die Drehbühne zeigt verschiedene Räumlichkeiten eines orientalischen Hauses im Dekor und Einrichtungsstil dieser Epoche. Mafiose Gestalten in dunklen Anzügen mit Schlapphut und Sonnenbrille treffen auf Orientalen mit Fes, wallenden Gewändern und Shisha. Die Personenregie ist auf Klamauk gebürstet mit einem Schuß Variete. Ein Flaschengeist in blauem orientalischen Body suit verstärkt als ergänzte Figur orientalen Charakter ohne wirklich eine tragende sinnvolle Rolle zu bekommen. Die Regisseurin vermeidet bewüßt eine ausgeprägte Rollenzeichnung oder auch feministische Aussage. Der Abend genießt so einen hohen Unterhaltungswert, der vom Publikum am Ende auch krätig gewürdigt wird.
Musikalisch prägt Tommaso Turchetto den Abend sehr verhalten am Pult. Er nutzt die Ouvertüre zu wenig, um auf den schwungvollen Abend einzustimmen. Dafür führt er die Sänger ruhig und konzentriert.
Johannes Maria Wimmer ist ein kräftiger Mustafa, der seine Rolle zwichen schnurrendem Kater und drangsalierendem Hausherrn sehr flexibel gestalten kann. In den Koloraturen verliert er an Genauigkeit. Elvia seine Frau zeichnet Felicitas Fuchs Wittekindt hölzern und farblos. Jaime Hartzell bietet optisch und stimmlich eine präsente Lieblingssklavin Zulma.
Lamia Beuque bringt als gestrandete Isabella und selbstbewußte Italienerin viel schauspielerisches Talent auf die Bühne. Dazu führt sie ihren Mezzosopran leicht und locker über die Melodien und meistert auch die Koloraturen sicher. Theodore Browne zeigt seinen gefälligen lyrischen Tenor mit heller Färbung als Lindoro. In der Mittellage kann er punkten in der Höhe fehlt seiner Stimme Körper und für die Koloraturen die Präzision. Der junge Südafrikaner kann hier sicher durch Arbeit an der Stimmtechnik seine Potentiale in Zukunft zeigen.
Alec Avedissian zeigt vor der Pause aufkeimende Indisponiertheit und läßt sich auch nach der Pause hierfür entschuldigen, bringt aber seine Darstellung des Taddeo gekonnt ins Ziel. Dies auch dank seiner lockeren Darstellungskunst.
Dr. Helmut Pitsch
09. Januar 2022 | Drucken
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