Theaterakademie München Der Nachwuchs setzt starke Zeichen

Xl_theaterakademie_2022_ariodante_neggers_gp_c_alvise_predieri_mg_3419_legner_hauser_herzig_tolly_dorizzi © Alvise Predieri

Georg Friedrich Händel Ariodante theater akademie München Premiere 21.4.2022

Theaterakademie München Der Nachwuchs setzt starke Zeichen   

Ludovico Ariostos "Orlando Furioso" (1516 entstanden) lieferte Stoff für zahlreiche Barockopern. Die rührselige Liebesgeschichte von der schottischen Königstochter Ginevra und dem Vasallen Ariodante, die beinahe durch den Intrigant Polinesso, des Herzogs von Albany, zerstört wurde, gehört auch dazu. Georg Friedrich Händel verarbeitet das Rolandslied in seiner Oper Ariodante und feierte einen mittleren Erfolg am Theatre Royal Covent Garden 1735 inmitten des laufenden Wettbewerbs mit der Adelsoper. Übeerliefert ist die Anwesenheit des Königs bei der Uraufführung.

Die jungen Talente der Münchner Theaterakademie zeigen nun ein berührend mitreißende und musikalisch ausgezeichnete gekürzte Fassung der Oper. Zum Genuss kommen vorwiegend Arien und Duette, Ballettmusik und Rezitative wurden weggelassen. So stehen die Gefühlsaffekte im Mittelpunkt, die Klarheit der einfachen Handlung bleibt erkennbar.

Manuel Hartinger hat sein Studium der Orchesterleitung in München abgeschlossen und versteht mit einem Orchsternsemble aus lediglich acht Studierenden der Hochschule für Musik und Theater München einen veritablen Kammermusikklang mit viel Rafinesse und großem Engagement der Musizierenden zu gestalten. Er errichtet Spannung, die den Sängern fühlbar Rückhalt gibt und lässt am Tempo keine Kompromisse spüren. In einer sparsamen Deutung bringt Rennik Jan Neggers, derzeit im Masterstudium Dramaturgie eine dichte Deutung des Stoffes zustande. Immer wieder steigen  die Sänger auf ein zentrales weisses Pudium hell ausgeleuchtet (Licht Georg Boeshenz). So treten sie aus dem Handlungsablauf und können die gefühlsbetonten Arien als persönlich intimes Bekenntnis gestalten. Die Bühne von Alexander Mc Cargar (auch Kostüme) ist leer, lediglich ein paar hölzerne Bodenplatten werden wie ein Puzzle zusammengesetzt. Sonst dienen wenige symbolische Requisiten in strahlendem weiss zur Verdeutlichung des Gesehens, die am Ende in eine Kiste gepackt werden. Das Spiel ist aus.

Sängerisch bieten die jungen Studenten r durchgehend sehr gute Leistungen. Der Schweizer Countertenor Elmar Hauser gestaltet die Titelrolle mit viel Inbrunst und lässt seine Kopfstimme kräftig aufblühen wie auch feinfühlig schimmern. Seine Angebetene Ginevra, schottische Königstochter, vermittelt in mädchenhafter Unschuld Henrike Legner. Rein und klar gelingen ihr die Koloraturen, sehr konzentriert in den Läufen. Polinesso möchte den schottischen Thron durch eine Heirat mit Ginevra besteigen und befeuert durch ein Ränkespiel die Enttäuschung und den Selbstmordversuch Ariodantes. Klara Brockhaus lässt sich zu Beginn entschuldigen, zeigt aber in dieser Rolle keine stimmlichen Einschränkungen und eine reife darstellerische Bühnenpräsenz. Ein Schotte verkörpert passend den Schottischen König. Isaac Tolley hat einen kräftigen Bass, der weich und vollmundig Melodiebögen bildet. Im Spiel bleibt er hölzern.

Lucarnio, Ariodantes Bruder sinnt auf Aufklärung und klagt die untreue Ginebra an. Fabio Dorizzi verströmt Rache und jugendlichen Tatendrang gekonnt in stimmlicher Dynamik. Die von Polinesso instrumentalisierte Kammerzofe Dalinda ist Marianna Herzig. Ihre naive Verliebtheit ist noch körperlos, aber die reumutig Verzweifelte gelingt ihr überzeugend. 

Verdienter ausgiebiger Beifall für alle Beteiligten.

Dr. Helmut Pitsch

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