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Erl ohne Gustav Kuhn, das war eine oft gestellte Frage nach den Skandalschlagzeilen in diesen Jahr. Schlussendlich erklärte Kuhn seinen Rücktritt und die Besorgnis um die Zukunft der Tiroler Festspiele begann. Kurzfristig verschwand sein Name aus den Besetzungslisten und renommierte sowie junge Dirigenten und Dirigentinnen wurden aufgeführt. Ein neuer künstlerischer Leiter, Bernd Loebe, Intendant der Oper Frankfurt wurde ab 2020 bestellt. Nunmehr finden zur Zeit die ersten Winterfestspiele ohne den sogenannten Erlkönig Gustav Kuhn statt. Er schuf die Festspiele und schneiderte sie auf seine Person zu. Er zeichnete sich für Musik und Regie verantwortlich. Mit den zwei Festspielhäusern in Erl und dazu seine Accademia di Montegral für eigene Ausbildung junger Sänger und Sängerinnen entstand ein Kulturzentrum im Herzen Europas. Besonders erfolgreich konnte er spendable Geldgeber für seine Projekte finden bis die Me too Bewegung ihn durch die Vorwürfe junger Sängerinnen anklagte.
Den Eröffnungsabend der Festspiele mit einer Wiederaufnahme von La Boheme übernahm der allseits bekannte Italiener Paolo Carignani, lange Jahre Generalmusikdirektor an der Oper Frankfurt. Gewaltvoll und kräftig übernimmt er den Stab an diesem Abend. Dramatik und Lautstärke regiert, Giacomo Puccinis feine, schwelgerische gefühlsgeladene Romantik mit epischer Breite kommt wenig vor. Die jungen Sänger ringen mit ihm und singen meist im kräftigen Forte um nicht vom Orchester ständig zugedeckt zu werden. Gestenreich hält Carignani sie dazu an. Überzeugen kann dabei der junge Moldavier Iurie Clobanu als geschmeidiger Rudolfo mit lyrischer Tenorstimme, die viel verspricht. Lada Kyssy ist keine Mimi, die mit dem Tod ringt, zuviel Dramatik liegt in Ihrer Sopranstimme. Daniele Antonangeli zeigt einen gehaltvollen Bass in seiner Mantelarie des Colline.
Gustav Kuhn, unter dem Pseudonym Furore di Montegral führte Regie. Üblich nüchtern und steif. Wenig wurde gegenüber letztem Jahr aufgefrischt und vieles wirkte unkoordiniert. Die einfache Mansarde als Künstlerheimat schwebt - wie eine Wolke - tiefverschneit über der Bühne, wie durch ein grosses Fenster sieht der Zuschauer hinein. Die Einrichtung ist puristisch, drei Sessel - einer zuwenig für die vier Gesellen - ein Tisch und ein Schreibtisch. Ein Bett zum Sterben fehlt, da hilft eine moderne klappbare Sonnenliege. Der Zugang erfolgt über eine Wendeltreppe, eine Haustüre gibt es nicht. Auch im Frühjahr ist sie noch tiefverschneit, drinnen wird es aber wohlig warm. Die Lichtregie ist sich nicht ganz im klarem und so wird auch mehrmals im dunklen gesungen. Nüchtern der zweite Akt auf den lebendigen Strassen von Paris und vor dem Cafe Momus. Ein paar Stehtische sowie Tische und Stühle wie in einer Kantine passen nicht wirklich zur Szene. Im dritten Akt springen wir schnell in die Tiroler Bergwelt und zum Schlagbaum zwischen Österreich und Deutschland, also ganz in die Nähe von Erl. Mondän dazu die Fassade, die Marcello neu gestaltet hat. Gut ist der Chor insbesondere auch seine jüngsten Mitglieder durch Frau Olga Yanum vorbereitet, in ihren Bewegungen und Handlungen sind die Mitglieder nicht vertieft schwungvoll gestaltet. Am Ende aber herzlicher Beifall und es bleibt spannend, wie die Tiroler Festspiele fortgesetzt werden.
Dr. Helmut Pitsch
Copyright APA Fotoservice28. Dezember 2018
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