Gustav Kuhn, der Gesamtleiter der Tiroler Festspiele ist bisher für seine minimalistischen streng an den Kontext ausgerichteten Inszenierungen bekannt. Mit der Neuinszenierung von Giacchino Rossinis Barbier von Sevilla hat er diesen Weg verlassen, getrieben von einer eigenwilligen Idee, Gioacchino Rossini als ersten Rockstar der Musikgeschichte ein Denkmal zu setzen.
An diesem Ansatz ist grundsätzlich nichts auszusetzen und auch durchaus nachvollziehbar, hat der Komponist sicherlich deutliche Akzente in der Opern- und Musikgeschichte gesetzt. Mit seiner populären mitreissenden Musik versetzte sein Publikum in Begeisterung und füllte die Opernhäuser, sodass er es sich auch leisten konnte in jungen Jahren seine musikalische Laufbahn zu beenden und sich seiner Leidenschaft, dem Kochen und Essen zu widmen.
Für die Umsetzung will er dieses Bild in einer Rockshow oder besser gesagt Rock Revue veranschaulichen und dem Rock Milieu näher zu kommen. Das Orchester sitzt auf der Bühne, für Erl Besucher, sicherlich kein Novum, um das Orchester und auf dem zugedeckten Orchestergraben rocken Sänger und Tänzer unter der Choreographie von Katharina Glas. Kurz gesprochen wirkt alles am Ende wie eine mittelmässige Deutsche Fernsehshow aus den 60 iger Jahren. Der Ablauf der Handlung ist fragmentiert und nicht erkennbar. Um Effekte wird mit glitzernden Kostümen, plumpen Anlehnungen wie Elvis Schmalzlocke für Almaviva oder Lichteffekten gekämpft.
Die jungen Sänger mühen sich redlich auf der leeren Bühne. Dem jungen Chinesen Hui Jin fehlt als Almaviva Strahlkraft und Italienita, aber er zeigt seine beeindruckende Stimmkraft. Hier lässt ein junges Talent aufhorchen. Aurora Faggioli wirkt in ihrem Habitus und der im Ansatz brüchigen Stimme zu alt und zu selbstbewusst für die Rolle des jungen Mündels Rosina. Gocha Abuladze rasiert die Spitzentöne, schwelgt im dunken Timbre am besten in der Mittellage als Figaro. Viel Präsenz zeigt Giovanni Battista Parodi mit reinem und sicherem Gesang, in seinem Glitzerfrack und Glitzerplateauschuhen auch optisch nicht als Don Basilio zu übersehen. Im Zentrum steht an diesem Abend aber szenisch das Tiroler Festspielorchester unter der Leitung von Andreas Leisner. Wie sein Vorgesetzter Gustav Kuhn agiert er omnipräsent bei den Festspielen. Ausgebildet in Regie und Musik erlernte er später auch das Dirigieren. Sehr exakt schlägt er den Takt, konzentriert sich auf die Einsätze aller und verliert dabei den Schwung, den Rock Rossinis. Dieser schuf hinreissende Melodien, mitreissende Rhythmen und drückte aufs Tempo. Dies gelingt am Pult nicht herauszuarbeiten, wobei die spannungslose Regie auch nicht unterstützt. Die jungen Musiker folgen aufmerksam und die Soli gelingen sicher. Am Flügel vor dem Orchester sitzend, begleitet Claudia Forasi die Rezitative und hat auch ein paar Auftritte auf der Bühne vor dem fast ausverkauften Haus. Das Publikum nimmt die Inszenierung gut an und applaudiert kurz aber heftig.
Helmut Pitsch
09. Januar 2018 | Drucken
Kommentare