Giacomo Puccini Tosca Arena di Verona 16.8.2024
Tosca in Verona- Spektakel in Starbesetzung
Aufführungen in der römischen Arena aus dem 1. Jahrhundert n.Chr. im Zentrum von Verona sind auf Spektakel programmiert. Unter der Ägide der Intendantin Cecilie Gasdia wird aber auch auf hohe musikalische Qualität und erlesene Besetzung wertgelegt. So wird auch im Puccini Jahr 2024 zum 100. Todestag eine Aufführungsserie dessen beliebtem Melodram Tosca in Starbesetzung als Wiederaufnahme der Inszenierung von Hugo de Ana aus 2006 angesetzt.
De Ana entwarf sowohl das Bühnenbild, Kostüme und zeichnet sich für Licht und Regie verantwortlich. Hoch über der römischen Engelsburg, dem Schauplatz des dritten Aktes, thront ein kämpferischer Erzengel Michael, dessen Kopf und Hände de Ana zum zentralen Element des monumentalen Bühnenbildes inspirierten. Mit wenigen Requisiten wie breite Anrichten oder Kerzenleuchter wird die Kirche im ersten Akt oder Pallazzo Farnese im zweiten angedeutet. Im Bühnenhintergrund wird eine Schräge wirkungsvoll geöffnet aus der Mitglieder des grossen Chores der Fondazione Arena di Verona als kirchliche Würdenträger mit kräftiger Stimme mitwirken. Im dritten Akt erleben wir eine Hinrichtung mit vielen Platzpatronen und eine Heldin, die durch den Kopf des Erzengels gen Himmel in die Höhe entschwindet. Der oft effektvolle Sprung in den Tiber fehlt. Groß aufgemacht ist die Massenszene am Ende des ersten Aktes mit dem Chor der Festspiele, der wiederum bestens vorbereitet ist und mit vollem Stimmenklang Ehrfurcht in die ausverkaufte Arena strömen lässt. Die Kostüme entsprechen dem zeitlichen Hintergrund der Handlung während der napoleonischen Kriege. Ein überdimensioniertes Kreuz und Leuchter werden hereingetragen, der Kinderchor stürmt als Ministranten auf die Bühne. Großflächig ist auch das Gemälde an dem Mario Cavaradossi arbeitet. So entsteht viel Leben auf der großen Bühne, zumal diese Oper im Kern nur eine Dreierbeziehung behandelt, die keiner überlebt.
Die Sängerin Tosca liebt den Maler Cavaradossi und wird wiederum vom gefürchteten Scharfrichter Scarpia begehrt. Um ihren Geliebten zu retten, gibt sich Tosca vermeintlich Scarpia hin und tötet diesen nachdem sie vermeintlich die Hinrichtung ihres Geliebten erreicht hat. Ihr Verbrechen wird entdeckt und sie sucht Rettung im tödlichen Sprung in den Tiber.
Spannung und eine umso gefühlvollere Gestaltung der Handlung erreicht Daniel Oren mit dem großen Orchester der Fondazione Arena di Verona. Er ist seit vielen Jahren im Graben der Arena zu erleben und weiss mit den räumlichen und akustischen Verhältnissen bestens umzugehen. Siegessicher hebt er bereits zu Beginn die Arme und begrüßt herzlich das Publikum. Zackig und frisch ist sein Tempo, das er aber versteht, gut an den Gesang anzupassen. So unterstützt er auch mit zarten Piani und herausgearbeiteten Soli die Stars auf der Bühne. Diese nutzen jede Unterstützung, um sowohl gesanglich aber auch in der Darstellung zu überzeugen.
Anna Netrebko ist die Rolle der kämpferisch liebenden Künstlerin auf den Leib geschneidert. Sie verinnerlicht die Gefühlsregungen der Titelheldin in einer berührenden überzeugenden Darstellung. Mit ihrem warmen dunkler gewordenen Sopran bettet sie nuanciert die Emotionen stimmlich ein. Mühelos bewegt sie sich in den Höhen, mystisch verklärt singt sie in die Tiefe. Yusif Eyvazov steht wiederum als ihr Partner auf der Bühne und gewinnt als Mario über den Abend an Gestaltungskraft und auch nuanciertem stimmlichen Ausdruck. Sein kraftvoller Tenor mit sicheren Höhen kann die Arena gut füllen. Im Duett finden die Beiden harmonisch zusammen. Luca Salsi dringt als Bösewicht listig und fintenreich in deren Beziehung ein, schürt mit Lust Eifersucht und gängelt die ehrenhafte Titelheldin. Sein Bariton zeigt reich an Farben seine kühle Berechnung, Macht bis zu echter Begierde, die er auch gewaltbereit umzusetzt. In den Nebenrollen erfreuen Gabriele Sagona als Angelotti, und Giulio Mastrototaro als rühriger Messner.
Große Begeisterung in der vollbesetzten Arena bei sommerlich heißen Temperaturen.
Dr. Helmut Pitsch
19. August 2024 | Drucken
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