Nicht nur für Freunde des alpinen Wintersports übt Tirol eine magische Anziehungskraft aus sondern auch Anhänger des modernen Balletts und Tanztheaters pilgern in die Tiroler Landeshauptstadt. In den letzten Jahren hat Enrique Gasa Valga eine Tanzcompany von internationalem Rang aufgebaut. Mit klassischen Balletten, eigenen Choreographien sowie der Einstudierung von Choreographien international führender Choreographen schafft er ein vielfältiges Programm auf höchster Qualität. Die Aufführungen sind rasch ausverkauft und eine eingeschworene Fangemeinde feiert die Truppe bestehend aus jungen Tänzern verschiedenster Herkunft. Unter dem vielversprechenden Titel Una Noche elegante führt der Katalane drei Tanzstücke von Choreographen zusammen, zu denen er auch einen persönlichen Bezug hat. Un ballo schuf Jiri Kylian 1991 für die Nachwuchscompagnie des Nederlands Dans Theaters, welcher er viele Jahre vorstand. Ausgerichtet zur Musik von Maurice Ravel "Le tombeau de Couperin" wirkt dieses Tanzstück in seiner Struktur barock, ein leichtes und anmutiges Menuett, welches mit raschen wirbelnden Bewegungen überrascht. Grazile Hebefiguren wachsen aus dem Boden. Drei Paare reihen sich zu Beginn aneinander bis zuletzt sieben Paare im exakten Gleichschritt unter einer Deckenkonstruktion aus Kerzen zumeist auf der düster ausgeleuchteten Bühne in dunklen Kostümen tanzen. Der Schöpfer bezeichnet es "als Tanz zu Musik, mehr nicht" aber dieser Tanz und seine Figuren haben es in sich und wirken als schlichte Apotheose des Tanzes voller Musikalität und fliessenden Gefühlen. Viel zu früh verstarb Uwe Scholz, ein gefeierter Choreograph und Leiter von Ballettensembles in Zürich und Leipzig. Seine Ausbildung erhielt er als Tänzer im Stuttgarter Ensemble unter der Führung des berühmten John Cranko. Als einer der ersten widmete er erfolgreich eigene Kreationen grossen symphonischen Werken. Das in Innsbruck gezeigte Werk Oktett fusst allerdings auf einer kammermusikalischen Komposition, dem Oktett Es Dur op. 20 von Felix Mendelssohn Bartholdy. Ein lachsfarbener Vorhang bildet den Hintergrund. Die Tänzerinnen in gelb changierenden locker wallenden Kleider, die Herren in traditioneller Outfit mit dunklen Oberteilen zeigen in einer flotten Zusammenstellung zahlreiche klassische Tanzschritte, Piqué und Relevé - auf den Zehenspitzen - inbegriffen. Präzise fügen sich die Formationen zu der Musik, die in den 4 Sätzen des Oktett, welches der erst 16 jährige Komponist 1825 schuf, unterschiedliche Tempi und emotionale Stimmungen umfasst. 1987 wurde die Choreographie vom Zürcher Ballett erstmals getanzt. Nach der Pause führt eine Choreografie von Nacho Duato, ebenso Katalane wie Gasa Valga und auch einer seiner Lehrer, in das Spanien des 16. Jahrhunderts, das goldene Zeitalter der stolzen Nation, welches in modernem Tanz wiederaufersteht. Ein Gedicht von Garcilaso de la Vega und barocke Musik bilden den Hintergrund der schnellablaufenden getanzten Bilder. In dem Gedicht "Por vos muero" geht es um Liebe und Tod und die Rezitation in spanischer dunkel timbrierter Stimme verbindet die einzelnen Teile wie ein beschützender Schirm. Kein geringerer als Jordi Savall hat die altspanischen folkloristischen Musikstücke aufpoliert und zu rhythmischen und eingängigen tänzerischen Klängen transkribiert. Kraftvoll auf Expression getrimmt ist der Tanzstil. Verschlungen und wenig ausladend sind die verschiedenen Pas de Deux ausgerichtet, mittelalterliche Tanzschritte werden immer wieder eingewoben. Passend sind die Kostüme der Zeit historisch nachempfunden. Natürlich fliessend und immer wieder überraschend ist ein Tanz mit Masken. Beeindruckend löst Nacho Duate immer wieder Bilder auf und führt in das anschliessende über. Spannend, packend und mitreissend wird die tragische Liebesgeschichte dem Höhepunkt zugeführt und endet intim im Dunkeln. Lautstarker begeisterter Applaus am Ende rüttelt den entführten Betrachter wieder wach.
Copyright Andreas Birkigt
Dr. Helmut Pitsch
24. Februar 2019 | Drucken
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