Unbekanntes reizvoll entdeckt mit Opera Incognita in München

Xl_abreise_3__002_aylinkaip © Aylin Kalp

Opera incognita, ein eingetragener Verein, steht für aussergewöhnliche Opernabende. Die fruchtbare Zusammenarbeit von Regisseur Andreas Wiedermann und des Musikers Ernst Bartmann hat in den letzten Jahren viele bekannte und unbekannte Werke an aussergewöhnlichen Orten zur Aufführung gebracht. Besonders junges Publikum soll angesprochen werden, aber auch das etablierte Opernpublikum kommt gerne und zahlreich. Trotz des schwierigen Umfelds mit den viel besprochenen und diskutierten aktuellen Beschränkungen haben die beiden wieder einen originellen, unterhaltsamen Opernabend auf hohem musikalischem Niveau kreiert.

Dabei verbinden sie ohne inhaltlichen Bruch zwei nahezu unbekannte Opern, inszenieren ohne grosse Mittel mit intelligenter spritziger Personenregie und schaffen, einen vollen breiten musikalischen Klang in minimalistischer Besetzung. Als Aufführungsort dient die Allerheiligenkirche der Residenz in München. Der neo romanische Sakralbau wurde im Krieg schwer beschädigt und als Veranstaltungsort wieder aufgebaut. Ein besonderer Flair umgibt das Innere des nun nackten roten Backsteinbaus. In der leeren Apsis erlebt der Zuschauer Albert Lortzings letzter Oper " Die Orchesterprobe". Der Einakter wurde 1851 am Tag vor seinem Tod uraufgeführt. Am gräflichen Hof wird die Hochzeit der Tochter des Grafen vorbereitet und auch viel musiziert. Der Bräutigam, Baron Rheintal, will seine vom Onkel vermittelte Braut aber incognito kennenlernen und schleicht sich als Sänger in den gräflichen Hof ein. Für eine Opernprobe wird er und sein Diener vom Grafen engagiert und es kommt zum Happy end. Die Probe ist das nun geschickt eingewobene zweite Werk, der Einakter "Die Abreise" von Eugen d'Albert, die auch inhaltlich gut zur Rahmenhandlung des Werkes von Lortzing passt. In einem lange verheirateten Paar  ist die Liebe verblasst. Der Ehemann denkt immer wieder an eine längere Reise. Mit gepackten Koffern steht er da, der Abschied zieht sich. Er befürchtet ihrer beider Freund und seine Gattin werden seine Abwesenheit für einen Seitensprung nutzen und bleibt am Ende da.

Musikalisch stehen die beiden Werke dem klassischen Singspiel oder der Operette nahe, einfache Duette und Rezitative über wiegen und wechseln sich mit gefälligen im Gesang anspruchsvollen Arien ab. So erleben die beiden Opern eine gelungene Auferstehung.

In burgunderroten Kostümen treten die Sänger an, wenige Requisiten wie Meterstab, Desinfektionsmittel als humorvolle Corona Einlage und grosse Koffer werden eingesetzt. 

Stimme und Spiel rückt so in den Vordergrund, zumal die Sänger auch nicht durch einen Orchestergraben von den Zuschauern getrennt sind. Der Bariton Daniel Weiler schlüpft in die Rolle des noblen naiven Grafen und des düpierten Ehemanns und verfügt über  eine frische ausbalancierte Stimme. Kräftig dreht der österreichische Tenor Thomas Paul als Baron Reintal und Freund des Ehepaares auf. Elegant schmettert er die Höhen, zeigt sich sicher in der Intonation und unterlegt seinen Gesang mit einem weichen Timbre. Ines Bergk behält sich aristokratische Zurückhaltung in der Doppelrolle als Louise, die gräfliche Tochter und Ehefrau vor.

Carolin Ritter kommt als Hannchen, der Kammerzofe und Kapellmeisterin des Grafen eine Art Moderatorenrolle zu, die wesentlich die Handlung vorantreibt wahrlich dirigiert. Kokett und frech mit Gespür erfüllt sie das. Manuel Kundinger und Thomas Greimel treten als Diener auf, die ihren Herren selbstbewusst im Dienste stehen.

Grosses leisten die Musiker. An der Violine Julia Knapp, am Kontrabass Alexander Weiskopf und am Klavier Ernst Bartmann, der auch das Arrangement übernommen hat. Die Drei verstehen es in der Kirche einen vollen Klang aufzubauen und zu gestalten, der wahrlich einen größeren Klangkörper vermuten lässt. Mit Können und Einfühlungsvermögen entstehen forschen Tempi und klar differenzierte Lautstärken, weiche Soli begleiten immer wieder die Sänger und als Tutti erlauben sie sich vollmundiges Zusammenspiel.

Schnell kommt in den locker besetzten Sitzreihen Spannung und Aufmerksamkeit auf und am Ende wird die Leistung aller Beteiligten mit kräftigem Applaus gewürdigt.

 

 

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