Weniger ist mehr - der gelungene Ring des Nibelungen in Erl

Xl_1906a9d2-6ae9-4f97-b0e0-0bf7609b10b1 © Xiomara Bender

Richard Wagner Die Götterdämmerung Tiroler Festspiele Passionsspielhaus Erl 10.7.2024

Weniger ist mehr - der gelungene Ring des Nibelungen in Erl

Die Tiroler Festspiele lassen sich gerne als das Bayreuth der Alpen titulieren. Seit Jahrzehnten besteht hier eine intensive Auseinandersetzung mit den Werken des deutschen Romantikers und die Festspiele haben eine internationale Reputation gewonnen. So locken sie auch diesen Sommer wieder die Wagner-Fan-Gemeinde nach Erl mit zwei Zyklen "Der Ring des Nibelungen" in der gefeierten Inszenierung von Kammersängerin Brigitte Fassbaender.

Den limitierten technischen Möglichkeiten Rechnung tragend versteht sie es mit großflächigen Lichtinstallationen von fließenden Wasser und Wolken Naturstimmungen zu erzeugen. Die Nornen in biederen gewalkten Umhängen stricken gemütlich beim Teetrinken, ein Sperrholztisch steht am Walkürenfelsen und ein paar Ledersofas, eine Bar und ein Billardtisch sind der Palast der Gibichingen. - Kaspar Glarner Bühne und Kostüme.

Ein besonders Erlebnis im Passionsspielhaus von Erl ist die Klangwelt. Das Orchester sitzt hinter der Bühne auf einer Tribüne, sodass der volle Orchesterklang zusammengefügt aber ohne Dominanz über die Sänger auf den Zuschauerraum zufließt. Es bleibt den Sänger so viel Raum für ihre Interpretation. Erik Nielsen, der amtierende Musikdirektor der Tiroler Festspiele zeigt sich in seiner letzten Saison bestens vertraut mit den Gegebenheiten, findet feine Abstufungen, und wie die Instumente gut anzuweisen und abzustimmen sind. Sein Tempo ist besonnen, standig hält er das große Orchester im Fluss. Kleine Schwächen in den Bläsern kann er geschickt umschiffen.

Die Besetzung bringt ein Wiedersehen mit den Protagonisten der letzten Jahre. Christiane Lioba ist eine stimmkräftige, zumeist zu kräftige Brünnhilde. Überdramatisch führt sie ihre Spitzentöne monoton mit viel Druck. Zu wenig Schmelz liegt in ihrer Stimme, in der Mittellage gleicht es Sprechgesang. Vincent Wolfsteiner ist ein sicherer Heldentenor mit Volumen und einem Schuss Lyrik, die gefällt. Auch im Spiel wirkt er lebendig und hält auch Blickkontakt mit dem Publikum. Manuel Walser als Gunther ist indisponiert, spielt aber auf der Bühne und Daniel Schmutzhard trägt den Gesang von der Seite gekonnt bei. Mit vollem Bariton und gut nuanciert gelingt diese doppelte Lösung gut. Irina Simmes ist äußerlich eine zarte Gutrune, aber mit einem präsenten Spiel und einem gut geformten nuancenreichen Sopran erreicht sie hohe Aufmerksamkeit. Robert Pomakov ist ein düsterer Hagen mit flexiblem Bass aber zu klein im Volumen, um mystisch zu durchdringen. Thomas de Vries ist ein besessener Alberich, der seinen Sohn Hagen zu umgarnen weiß aber diesen am Ende doch erdrosseln wird. Marvic Monreal, Anna-Katharina Tonauer und Elizabeth Reiter sind lebendig menschliche Nornen, die auch Humor verstehen. Stimmlich erfreut eine breite gut zusammengesetzte Farbpallette. Ilia Staple, Karolina Makuta und Katharina Magiera sind sehr jugendliche endogyne Lebewesen als Rheintöchter. Schnell schlüpfen sie in schwarze Perücken um anmutige Weiblichkeit zu gewinnen. Besonders hervorzuheben ist der große Chor der Tiroler Festspiele der hier mächtig aufspielt und singt. Fanfarenhaft gewaltig wird der Herrscher Gunther bei seiner Rückkehr begrüßt. In allen Auftritten erfüllt der Chor seine Rolle bestens.

Mit großer Begeisterung im Publikum geht der erste Ringzyklus zu Ende. Alle Beteiligten werden für Ihre Leistungen kräftig gewürdigt. Ein besonderen Zuspruch gilt auch der Regisseurin, die kurz zurückhaltend aus dem Zuschauerraum an die Bühne tritt. 

 

Dr. Helmut Pitsch

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