Wiederaufnahme Il Trovatore München - ein Hörgenuß in neuer Besetzung

Xl_2021_trovatore_c_w.hoesl__9___002_ © Winfried Hösl

Giuseppe Verdi Il Trovatore Nationaltheater München 3.11.2021

Liebe, Verstrickung, Intrige und ein tragisches Ende sind das Strickmuster der meisterhaften Opern von Giuseppe Verdi. Die Handlungsstränge sind meist kompliziert und über längere Zeitabschnitte. So auch im Il Trovatore, 1853 in Rom uraufgeführt. Das Libretto erzählt die tragische Familien Geschichte des Geschlechts der Luna. Zwei Söhne, die durch das Einwirken einer Hexe getrennt werden, sich unerkannt als politische Feinde gegenüber stehen, dieselbe Frau lieben und die Eifersucht gipfelt im Brudermord.

Olivier Pys aufwendige Inszenierung stammt aus 2013. Er überinszeniert geradezu mit vielen Details und zusätzlichen Personen, die die Handlung begleiten, wie der Geist der auf dem Scheiterhaufen verbrannten Hexe. Ein riesiger dunkler Bühnenaufbau von Pierre-André Weitz wirkt wie eine Industrieanlage mit großen Zahnrädern und Dampflok, die sich in der Mitte auch noch ständig dreht. Dies passt nicht wirklich zu den fahrenden Zigeunern oder Schlachtfeldern und Burgen, die eigentlichen Handlungsorte. So bleibt auch wenig Platz für den Chor, der statisch in den Aufbauten seinen Platz finden muss. So erreicht er aber in der Frontalstellung zum Publikum große Wirkung. Stellario Fagone hat ihn wieder bestens vorbereitet.

Dunkel bleibt es auf der Bühne, alle tragen schwarz. Grell heben sich Guckkästen für verschiedene eingeblendete Szenen ab. Lediglich in der letzten Gefängnisszene kommt Ruhe und gefühlvolle Stimmung auf.

Dafür kann sich der Zuhörer über eine feinfühlige musikalische Interpretation freuen. Der junge spanische Dirigent Francesco Ivan Ciampa setzt auf eine ausgeglichene zurückhaltende, die Sänger unterstützende Orchesterbegleitung. Die Tempi sind gut gewählt, es ist Schwung aber auch Emotion im Spiel.

Francesco Meli kehrt als Titelheld  Manrico nach München zurück. Cantabel und strahlend führt er die Töne, seine Legati mit Schmelz unterlegt wirken. Nur in der Höhe wird sein Tenor eng und die Töne unsicher. Das berüchtigte hohe C der Cabaletta fehlt. Saloa Fernandez besticht mit ihrem dunkel satten Sopran, der auch in die Höhe mit Windungen steigen  kann. In dieser Regie ist sie blind, ein Rollenbild, das sie gekonnt umsetzt. George Petean zeigt sich als Graf Luna in Höchstform. Da wird es zum Fürchten, wenn er mut vollem Volumen seine Wut und Rachegelüste postuliert. Diese kleidet er in eine gut geführte Stimme, die sich sehr flexibel und nuancenreich zeigt.

Von 2010 bis vor kurzem gehörte Okka von der Damerau noch zum Ensemble der Bayerischen Staatsoper. Dort hat sie in vielen Partien das Publikum und die Fachwelt überzeugen können. Nun zeigt die junge Mezzosopranistin ihre Klasse als Azucena, die Zigeunerin, die die Schicksalsfäden in der Hand hat. Wenig einfallsreich im Tüllrock und Zylinder vom Regieteam gezeichnet, spielt und singt sie sich in den Mittelpunkt. Diese Azucena wird von Bildern ihrer am Scheiterhaufen brennenden Mutter verfolgt und die letzten Worte „Räche mich“ nehmen Gestalt an. Auch die Nebenrollen, Ferrando von Balint Szabo und Ruiz von Evan LeRoy Johnson sind bestens besetzt.

Großer und langanhaltender Applaus

Dr. Helmut Pitsch

Photo Winfried Hösl

| Drucken

Mehr

Kommentare

Loading