Wiener Meister im Hamburger Musiktempel Elbphilharmonie

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Selten gespielte Werke von Alban Berg und Anton Bruckner präsentieren das NDR Elbphilharmonie Orchester im Rahmen des 4. internationalen Musikfestes in Hamburg. Eigentlich stand Alban Berg, 1885 in Wien geboren, als Staatsdiener auf sicheren Beinen. Durch Vermittlung seines älteren Bruders kam der Hobbykomponist 1904 als Schüler zu Arnold Schönberg. In den folgenden vier Jahren der Lehre komponierte er 55 Lieder. Nur acht von diesen Liedern wurden zu seinen Lebzeiten veröffentlich. Drei von ihnen wurden 1907 in einem Komponistendebüt Konzert öffentlich aufgeführt. Später wurden die Orchesterfassungen hinzugefügt. Alban Berg beschäftigte sich intensiv mit der zeitgenössischen, der modernen Musik seiner Zeit. Neben seinem Lehrer inspirierten ihn auch Strauss, Mahler oder Debussy. Die Einflüsse sind in den 7 frühen Lieder für Sopran und Orchester zu spüren. Zumeist stammen die Gedichte als Vorlage von unbekannten Lyrikern neben Rainer Maria Rilke oder Theodor Storm und wurden von Alban Berg in einer dramaturgischen Spannung von Dunkel ins Licht zusammengeführt. Die Liebe zwischen zwei Menschen aber auch zur Natur werden in Impressionen ausgekleidet. Nacht, Schilflied, die Nachtigall, Traumgekrönt, im Zimmer, Liebesode und Sommertage sind die bildangebenden Titel. Laura Aikin, die bekannte amerikanische Sopranistin, die in letzter Zeit an vielen Häusern verschiedene Rollendebüts insbesondere auch in zeitgenössischen Opern absolvierte erklärte sich kurzfristig bereit, die erkrankte Hanna Elisabeth Müller zu vertreten. Mit ihrem eindrucksvollen Stimmumfang von drei Oktaven ist ihr Repertoire an Opern und Konzertliteratur gross. Sie bemüht sich in den Liedern um einen nuancenreichen Klangzauber, verliert aber durch fehlende Wortverständlichkeit an direkter Ansprache. Umso mehr bettet sie Paavo Järvi am Pult in zarte vielgliedrige Klangströme, um die sprachliche Ausdruckskraft der Worte in Gefühle und Stimmungen zu kleiden. Präzise und konzentriert folgen die Musiker. Expressionistische wie auch impressionistische Harmonien und Melodiebildungen werden nachgezeichnet. Spürbar wird auf die viel diskutierte Akustik des Saales Rücksicht genommen, der wenig verzeiht. Die Solistin wird hinter dem Orchester positioniert, sowie Bässe neben den ersten Violinen. Das Volumen wird wohldosiert und klar akzentuiert. Nach der Pause gelingt Paavo Järvi eine unglaublich transparente, ungekünstelte fragile Interpretation der zweiten Symphonie c moll von Anton Bruckner. Orchester und Dirigent wirken mit der Akustik des Saales sehr vertraut und zeigen die Qualitäten und Möglichkeiten, aber auch die Grenzen und Tücken. Selbst das Auflegen des Bogens auf die Saiten der Violinen erklingt dumpf im Saal, sowie der Ventilansatz von Bläsern. Trocken und metallisch klar fliesst der Orchesterklang zusammen, wie das Abspielen einer digitalen CD Aufnahme auf perfekter Technik. Mit grösstmöglicher Einfühlung startet das Orchester im ersten Satz Moderato und erarbeitet sich Ton für Ton die Klangwelt Bruckners. Er reiht von der barocken Kontrapunktik beeinflusst ein Themengebilde an das andere, Generalpausen werden zu stilistischen Merkmalen, Wiederholungen und Durchführung der Motive zu klaren Architektur seiner Symphonien. Auch sein typischer dramaturgische Aufbau der symphonischen Sätze ist bereits klar erkennbar. Dem ersten Satz folgt ein Andante, feierlich etwas bewegt überschrieben, birgt für ciele Musiker mit das Beste, das von dem gottesfürchtigen einfachen Menschen Anton Bruckner komponiert wurde. Weit ausholend vereinnahmt er mit hochromantischen langen Melodiebögen, fängt Stimmungen ein und nutzt wiederum die Wiederholung der Themen zu einer spannungsgeladenen Steigerung. Ein dreiteiliges Scherzo lässt den Zuhörer entspannen und mittanzen. Feierlich entlässt Bruckner die Zuhörer mit einem Fanfarenklang der zum Beginn zurückführt. Paavo Järvi und das NDR Elbphilharmonie Orchester finden an diesem Abend die richtige Klangsprache, ziehen die Zuhörer geradezu in die Klangwelt Bruckners hinein und lassen diese im vollen Klang eingebettet. Mitgerissen wird das Orchester nach jedem Satz mit Applaus spontan begeistert belohnt. Eine ungewohnte Erfahrung, die echtes ehrliches Empfinden widerspiegelt und nicht auf die Unerfahrenheit des Publikums der Elbphilharmonie gebucht werden sollte. Der Schlussapplaus bricht zügellos aus und Standing Ovation folgt. Dr. Helmut Pitsch | Drucken

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