Der Regisseur Jens-Daniel Herzog, passenderweise Intendant des Nürnberger Staatstheaters, schafft ein Stück intimen Voyeurismus mit einem bissig komödiantischen Blick hinter die Bühne eines Opernhauses. Die Architektur der Semperoper in Dresden als eine der Ko produzentinnen neben dem New Theatre Tokyo ist erkennbar.
Dort treibt es das männliche Sängerensemble, die vermeintlichen "Meistersinger", Backstage richtig bunt. Der Chor schlüpft in die Arbeitskleidung der Bühnenarbeiter - Kostüme von Sibylle Gädeke und beobachtet sowie kommentiert was da so passiert, bestens einstudiert der Sächsische Staatsopernchor, verstärkt durch den Bachchor Salzburg. Es gelingt nicht ganz ohne logische Brüche die Geschichte in diesen Rollen vor dem Bühnenbild von Mathis Neidhardt zu erzählen. Es ist ideenreich, erfrischend hell und mit der Drehbühne auch flexibel ohne grosse Umbaumassnahmen zügig und abwechslungsreich bebildert. So sieht man die Garderoben der Sänger, die Räume der Maskenbildner, eine Schusterwerkstatt unter der Requisitenkammer und die leere Bühne, die zur Gasse in der Nürnberger Altstadt entfremdet wird. Die Personenregie ist sehr am Text orientiert, gestenreich überzeugend und erfrischend unterhaltsam ohne zu übertreiben.
Hausherr Christian Thielemann zaubert im Graben mit seiner Staatskapelle eine im Vergleich zu früheren Interpretationen überraschend reduzierte transparente an reinste Kammermusik erinnernde Interpretation. Ungeahnte zarte, in jeder Instrumentenstimme ausgefeilte transparente Klänge strömen leicht und hell im untersten Phonbereich. Nur selten kommt das Orchester auf wuchtige volle Touren. Vielleicht zu selten, wenn auf der Festwiese der Chor mit dem Orchester flüstert. Aber es dient den Sängern, die allesamt so bestens performen und der Zuhörer entdeckt viele Details neu. Wann hat man das Quintett am Ende des ersten Bildes im dritten Akt so präzise und hervorgehoben gehört. Wortverständlich wird schön ausgesungen, bewusst Pausen als Spannungsmomente eingebaut und ausgekostet.
Georg Zeppenfeld dominiert den Abend als Hans Sachs im Liedgesang. Lyrisch nähert er sich so der Interpretation von Klaus Florian Vogt, der als Walther von Stolzing gewohnt glockenhell brilliert, aber auch seine Zornausbrüche dramatisch zu färben versucht. Adrian Eröd ist ein spielsicher origineller Beckmesser. Jacquelyn Wagner ist eine selbstbewusste Eva, die am Ende symbolisch die alten Traditionen um die Meisterwürde bricht. Sehr zur Unterhaltung von Hans Sachs, der den neuen Wegen der Jugend die Wege öffnet. Das Ensemble und Christian Thielemann werden herzlich verabschiedet. Die Osterfestspiele Salzburg schliessen mit einer Auslastung über 90% wieder als großer Erfolg. Neben den Meistersingern musizierte die Sächsische Staatskapelle in einem Chorkonzert mit Christoph Eschenbach, im Konzert für Salzburg mit Frank Peter Zimmermann sowie mit Mariss Jansons in einer nahezu schwebenden fragil in den Instrumenten geführten präzis gespielten vierten Symphonie von Gustav Mahler.
23. April 2019 | Drucken
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