Zu Gast bei Wagners - Wahnfried Konzerte setzen eine häusliche Tradition fort.

Xl_img_0636__002_ © Helmut Pitsch

Wahnfried Konzerte Kateryna Titova, Klavierrecital 25.8.2023

Zu Gast bei Wagners - Wahnfried Konzerte setzen eine häusliche Tradition fort.

Radikale hatten die junge ukrainische Pianistin Kateryna Titova vor ihrem Klavierrecital sowie ihre Familie bedroht und sie gezwungen, ihr Programm zu ändern. Anstatt das Werk des russischen Komponisten Modest Mussorgsky Bilder einer Ausstellung erklingen nach der Pause die Sonata quasi una fantasia Nr 2 op 27, die Mondscheinsonate, von Ludwig van Beethoven sowie die Ballade Nr 1 g moll op 23 von Frederic Chopin.  Unvorstellbar und schockierend diese Ansage auch ist, zeigt sie Betroffenheiten in der künstlerischen Welt, die gerne angesichts des tobenden Krieges ausgeklammert werden. Sicherlich wurden viele politische Themen in Wahnfried, dem Hause Wagner diskutiert. Die Geschichte des Hauses ist gerade mit dem nationalsozialistischen Regime und dessen Führer eng verwoben.

Gemeinsam mit dem Richard Wagner Museum hat die Gesellschaft für Bayreuth zu diesem Abschluss der diesjährigen Wahnfried Konzerte geladen. Umso mehr ist an diesem Abend Kunst und die Künstlerin im Zentrum der Aufmerksamkeit. Kateryna Titova wird gern als Revoluzzerin gezeichnet. Ungestüm wie ein Wirbelsturm kann sie technisch perfekt über die Tasten fegen. In atemberaubender Geschwindigkeit meistert sie Läufe über die gesamte Tastatur und jeder Ton bleibt hörbar. Dazu hat sie in jedem Finger Kraft im Anschlag, die sie zur Steigerung der Dramatik gerne einsetzt.

Am Beginn stehen vier Sonaten von Domenico Scarlatti (1685 – 1757), Sonate d-Moll K 213, Sonate h-Moll K 27, Sonate A-Dur K 212 und Sonate d-Moll K 9. Mit italienischem Charme und phantasievollen Auskleidungen und melodischen Einfällen hat der Zeitgenosse von Bach und Händel seinen barocken Stil geprägt, dem sich die junge Pianistin mehr von der Technik als der lyrischen Interpretation nähert. Im Tempo anspruchsvoll, aber nicht gehetzt fließen Bilder und Stimmungen vorbei. Im folgenden Scherzo Nr. 1 op. 20 von Frédéric Chopin (1810 – 1849) wird es nochmals schwungvoll aufbrausend.

Eine kurze gefühlvolle Consolation Nr. 3 von Franz Liszt (1811 – 1886) erfreut mit nahezu liedhafter Elegie. Liszts Ungarische Rhapsodien sind beliebte solistische Bravourstücke . Die Interpretation der E-Dur S 244/10 Rhapsodie entführt mitreißend in dessen ungarische Heimat. Seine Begeisterung für die volkstümlichen Klänge und Sehnsucht nach der Weite lässt Titova durchschimmern.

Im Alter von fünf Jahren begann sie ihr Musikstudium in Charkow und setzte dieses in Moskau fort. Seit 2001 ist sie in Deutschland und tritt international mit renommierten Orchestern oder als Solist auf. Mit ihrer Heimat ist sie in verschiedenen Projekten besonders in Lemberg verbunden  

Nach der Pause taucht sie in die Wiener Klassik mit Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) Sonata quasi una fantasia Nr. 2 op. 27, der Mondscheinsonate ein. Auch er ein glühender Anhänger der französischen Revolution und somit Revolluzer verpackt er Dramatik mit Melodik und Harmonie in seinen Werken. Mit jugendlichem Elan und Frische tritt die Musikerin ihm gegenüber und bleibt in der Begeisterung undifferenziert in den eizelnen Sätzen. Der persönliche Flügel Richard Wagners, ein Geschenk des Klavierbauers Grotian Steinway, wird gefordert und in seiner historischen Klangresonanz voll ausgespielt. Eine beeindruckende interessante Begegnung.

Zum Abschluss wird mit Frédéric Chopins (1880 – 1849) Ballade Nr. 1 g-Moll op. 23 ein weiteres bekanntes Werk in technisch brillanter Ausführung vorgestellt. Das begeisterte Publikum im ausverkauften Saal der Villa Wahnfried wird mit einem weiteren Werk von Chopin als Zugabe belohnt.

Dr. Helmut Pitsch

 

 

 

| Drucken

Kommentare

Loading