Zuviel Shirin Neshat zuwenig Aida und Verdi in Salzburg

Xl_aida-2022-c-sf-ruth-walz-017__002_ © Ruth Walz

Giuseppe Verdi Aida Salzburger Festspiele 23.8.2022

Zuviel Shirin Neshat zuwenig Aida und Verdi in Salzburg

Shirin Neshat ist eine gefeierte anerkannte Künstlerin und Filmemacherin. Mit 17 aus ihrer Heimat dem Iran geflohen prägt nunmehr ihr Werk ihre Auseinandersetzung mit den aktuellen Vorgängen in ihrer Heimat aus ihrer persönlichen politischen Perspektive als auch Erfahrungen. Ihre poetischen Filme und Fotoarbeiten zumeist in schwarz weiß sind intim realistisch und politisch aufgeladen. 2017 hat sie bereits Giuseppe Verdis Aida, damals mit Anna Netrebko in der Titelrolle statisch mit wenigen aber ausdruckstarken Bildern inszeniert. Nunmehr wurde sie eingeladen, Ihre Interpretation zu überarbeiten und neu einzustudieren.

Vieles hat sie verändet, insbesondere ihre Sicht auf die Rolle der Frau.Dazu scheint sie als Opernregisseurin mehr Selbstvertrauen gewonnen zu haben und stellt ihre Werke, bereits aus früheren Schaffensperioden stammend, monumental in den Vordergrund. Zu Beginn der einzelnen Akte erscheinen immer wieder Porträtfotografien, deren Zusammenhang zum Inhalt der Oper nicht gegeben ist. Stimme unverständlich gespenstisch  in fremden Sprachen. Grundsätzlich ist die künstlerische Qualität dieser Ideen nicht zu bemängeln nur fehlt jeder Bezug zur Handlung, vielmehr wird diese durch diesen Regieeinfall nachhaltig gestört und jeder Spannungsbogen leider unterbrochen. An anderer Stelle kommen bildkräftige Videos zum Einsatz, die den Betrachter ansprechen. Schwer wiegen die Gesichter der fragenden Frauen als Vertreter des einfachen armen Volkes zur höfischen Pracht des Triumphmarsches.

Überaus wirkungsvoll ist unverändert das monumantale ansprechende Bühnenbild von Christian Schmid. Ein großer Sichtbetonblock auf der Drehbühne erinnert an eine leere Kühlbox. Im Innenraum sitzen aufgereiht wie in einem Guckkasten der Hof und der Klerus zum Triumphmarsch sowie dient es als Gruft der Liebenden im letzten Akt. Geteilt fungiert der Block in der Nilszene. Strandaufnahmen am Meer und wühlende schwarz gekleidete Frauen passen auch hier nicht richtig zum Inhalt der Oper und dienen mehr dem Ausstellungscharakter von Werken der Regisseurin.

Ästhetisch unverändert die Kostüme von Tatyana van Walsum, auch wenn diese nicht immer stimmig zusammenpassen. Radames in moderner Uniform sowie immer wieder auftretende Soldaten, gegenüber einem historisch anmutenden Hof und Klerus. Auffallend die wallenden Kleider der Amneris in leichten farbigen Stoffen.

Viel ist dem Auge an diesem Abend geboten, wirklich überzeugend ist aber die musikalische Umsetzung, die keine Wünsche offenlässt. Vor allem Alain Altinoglu am Pult  beherrscht die Partitur und die Führung von großem Orchester, Chor und Solisten. Spannend und berückend schön führt er die Wiener Philharmoniker, die ihm verständnisvoll und aufmerksam folgen. Forte und Piano wechseln in weichen Nuancen, mächtig schmettern die Blechbläser, wuchtig erscheint das Kriegsgetrommel, romantisch und subtil begleiten die Bläser und Instrumentalsolisten die Sänger.

Auf der Bühne agiert eine ausgezeichnet ausgewählte Sängerriege, die mit- und hinreißend ihre Aufgabe erfüllen. Allen voran strahlt Piotr Beczala in seinem Rollendebüt als Radames als strammer treuer Soldat in seiner Liebe für Aida, unbeholfen begegnet er den Avancen der fordernden Pharaonentochter Amneris. Wohl schimmert sein Tenor mit Fülle in den Höhen und mit warmem Timbre zieht er seine Melodien.

Elena Stikhina ist eine feinfühlige sensible Titelheldin. Ihr Sopranstimme hat Kraft, Höhe, wirkt aber in der Sprache verschwommen und in den Spitzentönen gedeckt. Im Spiel gibt sie der streitbaren Sklavin wenig Aussagekraft.  Großgewachsen und schlank ist Eve-Maud Hubeaux in wehender Robe nicht zu übersehen. Weich und warm ist ihr Mezzo und läßt die rachsüchtige Pharaonentochter Amneris sehr menschlich und verständnisvoll erscheinen. Ihre Mezzostimme ist für die Rolle zu klein, zeigt aber viel Gespür für Farbe und Ausdruck und wirkt an keiner Stelle dramatisch. Luca Salsi besticht als Amonasro mit seiner markigen Stimme, die er mit Geschick und Schmelz zu führen weiss. Vollmundig hoheitsvoll präsentiert Roberto Tagliavini den König. Mit sicherer Stimmführung bis in die tiefsten Lagen kann sein Bass wieder überzeugen. Ebenso gibt Erwin Schrott einen Ramfis, der mächtig tonangebend am Hof des Königs fungiert.

Bestens von Huw Rhys James vorbereitet zeigt sich die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor, die die verschiedenen Chorszenen mit zu Höhepunkten des Abends werden lassen.

Begeisterter Jubel am Ende vom Publikum

Dr. Helmut Pitsch

Dazu kommt Dr. Helmut Pitsch

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