
Piotr I. Tschaikowski Pique Dame Bayerische Staatsoper 29.4.2025
Cineastisch als Film Noir - Pique Dame in München
Wir wissen wenig über Hermann, die zentrale Figur der Oper Pique Dame von Piotr I. Tschaikowski. Er ist ein Aussenseiter, in der Literaturvorlage der Erzählung von Puschkin ein deutscher Offizier, der in einer mafiosen russischen Adelsgesellschaft landet. Er möchte dazu gehören und das Spielen soll ihm den Weg öffnen. Der Wert seiner Liebe zur unbekannten Schönen, die sich dann als Enkelin der reichen Gräfin entpuppt, die das Geheimnis der siegreichen Karten hütet, wird der Schlüssel sein. Ob er mit Mord zum Geheimnis der Gräfin kommt bleibt unklar, dem Wahnsinn verfallen nimmt er sich am Spieltisch das Leben.
Die Handlung entspricht so einem klassischen Stoff des Film Noir, dessen Stilmittel sich der Regisseur Benedict Andrews bedient. Stark dazu sind die Bühnenbilder von Rufus Didwidzus, offene Räume ganz im Dunklen gehalten. Andrews teilt die Handlung in acht Szenen, denen er auch jeweils einen Titel gibt. Zur Überleitung gibt es grossflächige schwarz /weiße Videoprojektionen der Hauptpersonen, zumeist von Lisa, der Enkelin und einzigen ehrlichen Person.
Gestalterisch intensiv und klug gelöst ist der Maskenball im zweiten Akt, die Teilnehmer sitzen auf einer Tribüne, getanzt wird in den Handbewegungen des Chores, der intensiv den Abend mitgestaltet und musikalisch ausgezeichnet von Christoph Heil einstudiert und auf das Russische vorbereitet ist. Ebenso gelungen die Begegnung Hermanns mit der Gräfin in ihrem Schlafzimmer, die zum deren Tod führt. Ein großer runder Spiegel an der Decke reflektiert das Geschehen, der Zimmerboden ist mit Wasser ausgefüllt. Die Gräfin wird von vier Statistinnen gedoubelt.
Gesungen wird oft aufgereiht an der Rampe - Hermann stirbt auf dem Souffleurkasten - was die Intensität der Musik und zumeist exzellenten Stimmen verstärkt. Das Ensemble des Abends setzt sich aus russischen und ehemals sowjetischen Sängern zusammen, die Beherrschung der russischen Sprache steigert die Ausdruckskraft. Arsen Soghomonyan ist ein glaubwürdiger Hermann, der verzweifelt sowohl einer unbekannten Liebe wie dem unbekannten Geheimnis nachjagt. Er legt viel Kraft auf seine trockene Stimme, fordert sich in den Höhen, die er sicher erreicht. Die Rolle der Lisa gestaltet Elena Stikhina wiederum sehr präsent. Wuchtig auch die Ausdruckskraft ihrer Stimme, die sie facettenreich wohlklingend einsetzt. Vladislav Sulimsky ist ein epischer Erzähler als Tomski, der den Verlauf der Handlung begleitet. Boris Pinkhasovich überzeugt als Fürst Jelezki mit seinem kräftigen Bariton, den er vollmundig durch die Melodien führt und viel russische Melancholie erzeugen lässt. Violeta Urmana steht routiniert als Gräfin auf der Bühne mit klarer markiger Stimme. Die Arie der Polina meistert Victoria Karkacheva im Glitzerhosenanzug ebenso stimmlich schimmernd.
Alle Fäden in der Hand hält und spinnt Sebastian Weigle am Pult des bayerischen Staatsorchesters. Meisterhaft lässt er die farbenreiche Harmonik und russische Färbung im Orchestergraben erblühen. Das Orchester lässt konzentrierte Spielfreude erleben.
Ein großer musikalischer Abend, der mit viel Beifall belohnt wird.
Dr. Helmut Pitsch
30. April 2025 | Drucken
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