Valencia/Palau de Les Arts Reina Sofía: DON GIOVANNI am 7. März 2023
Als psychologisches Kammerspiel
Es ist immer wieder ein besonderes Erlebnis, im futuristischen Palau de Les Arts in Valencia eine Opernaufführung zu erleben. Er wurde einst vom katalanischen Star-Architekten Sebastian Calatrava Valls als herausragender Bau eines über einem trockengelegten Flussbett von ihm konzipierten schneeweiß-ultramodernen Gebäudekomplex errichtet.
Diesmal war es Wolfgang Amadeus Mozarts „Don Giovanni“, die der Palau de Les Arts Reina Sofía für die Saison 2022/23 vom Teatro La Fenice in Venedig akquiriert hatte. Damiano Michieletto inszenierte das Stück als ein psychologisches Kammerspiel ohne große bühnenoptische Reize. Man sah im Wesentlichen immer wieder ähnliche, wechselnde Räume auf einer Rotationsbühne, die einmal Raum gaben für größere Ensembles, wobei stets Seitentüren - auch unerwartete - Auf-und Abgänge ermöglichten. Aber auch die intimeren Szenen kamen hier zu ihrer Geltung, bei einer auf bisweilen zu stark abgedunkelte Töne setzenden Lichtregie von Fabio Barettin. Das Raumdekors con Paolo Fantin war in klassizistischer Ästhetik gehalten. Natürlich durften da etliche Kristallluster nicht fehlen, was klare Assoziationen zur damaligen Kaiserstadt Wien ergab. Das unterstrichen auch die Kostüme von Carla Teti aus jener Zeit. Wenn es in diesem Ambiente manchmal auch zu leichter Langeweile kam, legte Michieletto umso mehr Wert auf eine ausgefeilte und schließlich überzeugende Personenregie. Es gab vor allem im 2. Teil dann auch sehr viel Engagement zwischen den Figuren mit der dazu erwartbaren Dramatik. Am Schluss kam ein Knalleffekt. Michieletto ließ Don Giovanni die besser meinenden Sänger des Epilogs mit einem ausholenden Handstreich bildlich zu Boden gehen und belustigt und souverän davoneilen…
Davide Luciano gab mit einem farbenreichen und ausdrucksstarken Bariton sowie darstellerisch expressiv einen exzellenten Don Giovanni. Elsa Dreisig war eine erstklassige Donna Elvira mit viel stimmlichem wie mimischem Ausdruck. Ruth Iniesta sang eine engagierte Donna Anna mit guter Attacke und klangvollem Sopran. Giovanni Sala spielte einen guten Don Ottavio als langweiligen Verlierer-Typ mit gutem Tenor. Der junge Riccardo Fassi war ein kraftvoller und ebenfalls ausdrucksstarker Leporello, vielleicht manchmal etwas zu tief. Adolfo Corrado und Jacquelyn Stucker mit einer bestens für Mozart geeigneten Sopranstimme bildeten ein stimmlich und darstellerisch beeindruckendes Pärchen als Masetto und Zerlina. Gianluca Buratto ließ als Commendatore einen tiefen Bass erklingen und sorgte für dramaturgisch dunkle Momente.
Riccardo Minasi dirigierte das Orquesta de la Comunitat Valenciana engagiert und facettenreich mir sehr guten Tempi und intensivem Kontakt zur Bühne sowie den dort sich vielfältig entwickelnden kammerspielartigen Aktionen. Der Palau de Les Arts Reina Sofía verfügt mittlerweile über ein hervorragendes Orchester, was ich nicht zuletzt erst bei der „Jenufa“ vor einigen Wochen und schon seit 2009 beim „Ring des Nibelungen“ unter Zubin Metha beobachten konnte.
Eine Reise mit Opernbesuch nach Valencia empfiehlt sich nicht zuletzt auch aus diesem Grund. Den guten Cor de la Generalitat Valenciana hatte Francesc Perales einstudiert. Demnächst kommt „Tristan und Isolde“ in der Inszenierung von Àlex Ollé von den Fura dels Baus. Bei „Don Giovanni“ riesiger Applaus vor diesmal fast ausverkauftem Hause.
Klaus Billand
02. April 2023 | Drucken
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