Ein Verbrechen ohne Aufklärung - Lohengrin in Salzburg

Xl_lohengrin0205 © Ruth Walz

Richard Wagner Lohengrin Osterfestspiele Salzburg 18.4.2022

Ein Verbrechen ohne Aufklärung - Lohengrin in Salzburg 

Es ist der letzte Abend der Ära Christian Thielemann und der Sächsischen Staatskapelle Dresden bei den Salzburger Osterfestspielen. Über 10 Jahre währte die erfolgreiche Zusammenarbeit und bereitete dem Publikum und der Musikwelt zahlreiche Höhepunkte und rettete den angeschlagenen Osterfestspielen die Reputation nach der kurzfristigen Aufkündigung der Zusammenarbeit durch die Berliner Philharmoniker. Jahrelang hatten diese seit der Gründung durch Herbert von Karajan die Festspiele geprägt.

Richard Wagners Werke zählen seit Beginn der Festspiele zum festen Programm. Seine Oper Lohengrin stand bereits letztes Jahr auf dem Programm, pandemiebedingt kommt es erst 2022 zur Realisierung und wird so zur strahlenden Abschlussvorstellung für Christian Thielemann. Seine Wagner Interpretationen zählen seit Jahren zu Ausnahme Ereignissen. Die Wagner Anhänger pilgern zu seinen Vorstellungen. Gross ist der Kreis seiner Verehrer, die ihn gestern in Salzburg nochmals feierten.

Das Künstlerduo Jossi Wieler und Sergio Morabito schufen eine denkwürdige Inszenierung. Bereits zum Vorspiel wird der Zuschauer - leider - in deren Interpretation verstrickt. Wir sehen Elsa an einer mächtigen Hafenmole, verstört versteckt sie ein paar Gegenstände in einem roten Plastiksack. Hat sie - oder nicht - ihren Bruder Gottfried allem Anschein nach ertränkt. Ortrud beobachtet ihre Tat. Aber so richtig kommt diese Geschichte nicht ins Laufen und das Verbrechen wird auch nicht schlüssig aufgeklärt, auch wenn der rettende Ritter noch den Plastiksack entdeckt. Aber die beiden Regisseure schaffen mit Anna Viebrock und Torsten Gerhard Köpf starke Bilder und bespielen insgesamt gekonnt die große Bühne des Salzburger Festspielhauses. Die zahlreichen Massenszenen verteilen sie gut im Raum und sie überlegen sich einige gute Einfälle zur Personenregie um lebendig zu bleiben.

Der Sächsische Staatsopernchor unter der Einstudierung von Andre Kellinghaus und der Chor des Salzburger Landestheater unter Ines Kaun und Carl Philipp Fromherz bilden einen beeindruckenden Klangkörper und sind bestens vorbereitet. Christian Thielemann führt die beiden harmonisch zusammen, imposant ist die Klangstärke und Vielfalt des Chores in den verschiedenen Szenen. Heroisch feierlich bis ausgelassen freudig, sowie vor Erschauern erzitternd. Zudem sind die Chorsänger als Volk von Brabant tragend in das Geschehen eingebunden.

Im Graben zaubert Christian Thielemann mit Akrabie und Finesse einen musikalischen Klangteppich der die unterschiedlichen Leistungen der Sänger trägt und ihnen jeden erdenklichen Freiraum für ihre Interpretation bietet. Thielemann schafft es in feinsten Piani zu musizieren und jeden Ton hörbar zu gestalten. Spannungsgeladen bleibt es ohne mit wirkungsvollen Ergüssen zu hantieren. Nahezu kammermusikalisch führt er die Staatskapelle, die auf jede feinste Regung von ihm reagiert. Subtil begleitet er die Sänger, untermalt in Nuancen deren Gefühlswelt. Die Vor- und Zwischenspiele nutzt er um die Qialitäten des Orchester auszuspielen. Die Instrumentalisten überzeugen in ihren Soli und Zusammenspiel. Die Bläser dringen fehlerfrei durch und verstärken die Klangeffekte, indem sie auf der Bühne oder neben dem Orchester stehen..

Der Amerikaner Eric Cutler ist in Europa kein Unbekannter, als Wagnertenor aber noch nicht präsent. Stimmlich heroisch und auch sprachlich meistert er die Titelrolle anstandslos. In der Stimmfärbung fehlt es an heldenhafter Strahlkraft und mitunter am Volumen. Damit hat insbesondere Jacquelyn Wagner als Elsa auch zu kämpfen. Schön hell und rein bis in die Spitzentöne ist ihr Sopran aber es fehlt Fülle und Volumen, sowie lyrisch mystische Strahlkraft.

Über diese verfügt Elena Pankratova als Ortrud. Verführerisch umgarnt sie ihren Gatten Telramund. Sein Schicksal ist besiegelt in ihrer Hand. Dramatisch wie lyrisch spielt sie alle Fassetten. Martin Gantner kann als Telramund sich stimmig in die Regie einfügen, auch wenn seine Rolle als Verlierer von Anfang geprägt ist. Gesanglich ist er ein streitbarer in allen Lagen ausgeglichener Held auf verlorenen Posten. Hans Peter König überzeugt als edelmütiger König Heinrich, der viel Stimmumfang und sonoren Bassklang bietet.

Am Ende zieht  sich wenig herrschaftllich Gottfried schlammverschmiert aus den Fluten und ahmt mit seinen Mundbewegungen den aus dem Off singenden Lohengrin nach. Elsa weiß einmal mehr nicht richtig, welches Rollenbild der Regie passt. Dafür findet Christian Thielemann die richtigen Töne und schliesst das Ritter Märchen. aus dem Graben. 

Auf das Konzept des neuen Intendanten der Osterfestspiele, Nikolaus Bachler, darf man gespannt sein. 2023 wird das Gewandhausorchester Leipzig unter Andris Nelsons das Programm bestreiten. Wiederum steht eine Wagneroper - Tannhäuser auf dem Programm. 

Dr. Helmut Pitsch

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