Giuseppe Verdi La Traviata Tiroler Landestheater 2.7.2023
La Traviata begeistert als musikalisches Schauspiel in Innsbruck
Die bösen Geister der Krankheit der Titelheldin Violetta Valery sind von Beginn der Oper präsent, zuerst nur leichte Schwächeanfälle der Lungenkranken, am Ende erleben wir ihren tragischen Tod in den Armen des Geliebten.
Das stete drohende Ende scheint Magdalena Weingut in ihrer Inszenierung von Giuseppe Verdis La Traviata tragend im Konzept zu sein Schon vor Beginn sehen wir das nüchterne Krankenhausbett, der Herzschlag flimmert über einen leicht transparenten Vorhang und erlischt. Die zarte trauernde Musik setzt ein. Ein paar Statisten als böse Geister schwirren um das Totenbett. Die Stimmung hellt im Graben auf und entwickelt sich im Vorspiel zum Festakt und die tote Titelheldin springt im roten Abendkleid auf und mischt sich in die Partygesellschaft, im Dress der wilden Zwanziger Jahre. Fransenkleider und Federboa mit dabei.
Auch der Surrealismus eines Rene Magritte steht Pate, besonders für die etwas gewöhnungsbedürftigen nicht schlüssigen Bühnebilder von Helfried Lackner. Flora Bervoix feiert in einer Hotellobby, das Landhaus ist reduziert auf einen hellen Raum mit Wandtapeten und Sofabezug alla Magritte Wolken. Im letzten Bild treffen wir Violetta wieder im sterilen Krankenhaus, Infusion und Sterbebett inklusive.
Die Regisseurin hat viele Ideen und überfrachtet das optische Erlebnis mit vielen Effekten. Dafür gelingt ihr aber eine besonders emotionale Personenregie für das zentrale Liebespaar Violetta - Alfredo. Auch dank der großartigen darstellerischen Leistung von Susanne Langbein und Jon Jurgens. Die Liebe, das Glück und das Leid, die Kränkung und Verzweiflung wirken echt und berühren.
Die Kostüme von Michael D. Zimmermann zeigen einen zeitlichen Bruch. Während die Pariser Gesellschaft in eleganten Kleidern der zwanziger Jahre feiert, erleben wir das Liebespaar lässig modern als Synonym für die zeitlose Romantik der Liebe.
In der Auswahl der Besetzung ist dem Tiroler Landestheater ein glücklicher Griff gelungen. Susanne Langbein lebt das Leid mit großer Ausdruckskraft und Schauspieltalent. Ihrem Schmerz und ihrer Verzweiflung angesichts der Todesahnung kann sich keiner entziehen. Da zieht sie auch ihre Stimme als Ausdrucksmittel voll mit ein. Während ihr Sopran in den Spitzentönen metallen übersteuert, kann sie in der Mittellage alle Gefühlsnuancen aufblühen lassen. Schmerz lässt ihre Stimme erzittern, Mitleid erregt ihr Gross- und Edelmut. Souverän bewegt sie sich auf der Bühne, integriert und zieht die Partner mit.
Jon Jurgens überzeugt in einer starken Darstellung des jungen ungestümen Alfredo, der edel und ehrlich aber mit viel Naivität liebt und in Hass leidet. Sein Tenor kann alle Facetten abbilden, dabei sicher und rund in den Höhen mit sanften Timbre.
Daniel Luis de Vicente kann da mit statischer Haltung weniger punkten, sein praller Bariton wiegt schwer und strahlt die nötige gefühlslose Autorität aus. Adina wird von Fotini Athanasaki solide geprägt.
Kerem Hasan versteht am Pult unaufdringlich aber sehr präsent große musikalische Stimmungen aufzubauen. Ohne die Sänger zu bedrängen, gelingt ihm eine sehr präsente und auskleidende Begleitung und Führung vom Orchestergraben.
Stehende Ovationen als begeisterter Dank.
Dr. Helmut Pitsch
04. Juli 2023 | Drucken
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