Mitreißend kluge und stimmige Neuinszenierung von Don Giovanni in Versailles

Xl_c88113fa-21e4-4953-8a60-d8b87ebf7183 © Versailles Soectacles Ian Rice

Wolfgang Amadeus Mozart Don Giovanni Opera Royale Versailles 18.11.2023

Mitreißend kluge und stimmige Neuinszenierung von Don Giovanni in Versailles

Der Weg zum Schloss Versailles ist bewegend, golden erstrahlt es nach den letzten Renovierungen. Vorbei an der majestätisch kühlen Chapelle Royale nähert sich der Opernbesucher dem privaten königlichen Opernhaus in einem langen Gang, begleitet von den Statuen der großen französischen Könige und Königinnen. Und dann schlüpft er durch eine kleine Tür auf hölzernem Boden und ist erschlagen von der barocken Pracht eines authentisch erhaltenen und gepflegten historischem Opernbaus. Zwei Logenränge und ein Parkett samt Logen, Platz für ca 400 Besucher bietet dieses architektonische Juwel.

1770 wurde es von Ludwig XV. als größter Theaterbau seiner Zeit, errichtet von seinem Architekten Ange-Jaques Gabriel, eingeweiht. Nunmehr besticht er durch seine stilistische Klarheit, Originalausstattung, Luster, die sich in Spiegeln endlos widerspiegeln, und den prächtigen Malereien. Nahezu zeitgleich vollendete Wolfgang Amadeus Mozart seine große Oper Don Giovanni, kurz vor seinem Tod 1793 in Prag uraufgeführt. So findet sich hier Kunstwerk zu Kunstwerk im perfektem akustischen Ambiente zusammen.

Dazu packt Marshall Pynkoski in seiner Neuinszenierung von Mozarts Paradeoper das Geschehen ebenso in die Entstehungszeit. Der Engländer ist ausgewiesener Spezialist für die Werke des 17. und 18. Jahrhunderts, auch mit seiner Ausbildung als Choreograf und Tänzer. All diese Elemente baut er in seiner liebvoll ins Detail gehenden Interpretation ein. Roland Fontaine gestaltet ihm hierzu die passende Bühne mit historischen Häuserfronten in südlicher Athmosphäre, hell ausgeleuchtet. Stilecht, farbenfroh und elegant hat der Modeschöpfer Christian Lacroix die Kostüme entworfen. Rundum eine optisch gelungene und ansprechende Gestaltung, die mit einer bewegungsreichen Personenregie spannend und unterhaltsam gehalten wird.

Auch musikalisch bietet die Opera Royale mit seinem mittlerweile festen Orchester unter der umsichtigen Leitung von Géatan Jarry und einem bestens zusammengestellten Ensemble eine hochwertige Umsetzung. Anspruchsvoll im Tempo, dreht Jarry durchaus im Volumen auf. Es kommt aus dem Graben eine anmutige frische und die Melodien gut zeichnende transparente Klanggestaltung. Dieser Mozart ist mutig ungestüm aber mit der richtigen Ehrfurcht zusammengesetzt. Robert Gleadow ist ein kerniger deftiger Don Giovanni, der draufgängerisch und forsch die Damen erorbert. Sein Bariton ist kraftvoll mit gutem Stimmumfang, in der Klangfarbe aber einseitig derb. Mit viel Einsatz und Freude ist sein Spiel gelungen. Riccardo Novaro als Leporello ist hier als listiger Diener geschliffener und passt gut so zum dem Kanadier in der Titelrolle. Stimmlich überzeugt er in seinen Arien mit nuanciertem Gesang. Arianna Venditelli ist eine durchsetzungsstarke Donna Elvira in Spiel und Stimme. Ihre Rezitave sprudeln leicht und in ihren Arien lässt ihr Mezzosopran keine Wünsche offen. Florie Valiquette ist eine elegante Donna Anna, die mit einer zarten, hell klingenden Höhe sehr versiert die Melodien in ihren Arien gestaltet. Neben den beiden Damen bleibt Enguuerrand de Hys als Don Ottavio etwas farblos. Sein lyrischer Tenor hat eine schöne Färbung bleibt aber blass im Ausdruck. Jean-Gabriel Saint-Martin rückt Masetto gut ins Bild als standhafter nicht dümmlicher Landbursche. Sein Bariton ist gut ausgebildet und sicher intoniert. Mit warmem Timbre stellt er sich statthaft seinem stürmischen Widersacher. Eleonore Pancrazi wirkt als Zerlina etwas überdreht im Spiel, stimmlich schließt sie die sehr gute Ensembleleistung würdig ab.

Das Publikum bedankt sich mit stehenden Ovationen und lauten skandiertem Applaus.

Dr. Helmut Pitsch

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