
Richard Wagner Parsifal Tiroler Festspiele Erl 20.4.2025
Parsifal als Musikweihfestspiel mit lichtdurchfluteter Bühne in Erl
Locker und sympathisch stürmt Jonas Kaufmann unerwartet auf die Bühne des Festspielhauses in Erl während der Vorstellung von Parsifal im zweiten Akt. Grad hat noch der eindringlich spielende Georg Nigl als schelmischer Bösewicht seine Zauber in Form der Blumenmädchen gerufen. Aber die sind aufgrund eines technischen Defektes eingeschlossen. Das verkündet der Startenor mit entwaffnender Ehrlichkeit und verschwindet gleich wieder um Minuten später nach Reparatur der Technik als Titelheld Parsifal mit den schönen Damen in buntbefleckten Kleidern zu flirten. Ein leichtes für ihn- Kaufmann ist mit seiner Bühnenpräsenz, gutem Aussehen und Spiel ohnehin ein Frauenschwarm. Diese kleine Panne bildet eine erfrischend unterhaltsame Unterbrechung einer sehr gelungenen Neuinszenierung auf höchstem musikalischem Niveau in der ersten Spielsaison des Sängers auch als Intendant der Tiroler Festspiele.
Philipp M. Krenn verantwortet die lichtdurchflutete feierliche sakralen Ritualen nachempfundene Inszenierung mit ausgeprägtem in steten langsamen Bewegungsabläufen, durchaus die Worte Wagners im Libretto abbildend. Heike Vollmer stellt große verschiebbare weisse Objekte griechischen Lyras nachempfunden auf die Bühne, Regine Standfuss folgt ihr mit weissen Kostümen teilweise langen Togen, auch griechische Dramen abbildend. Der Gral erscheint als kristallener Pokal in einer Kammer auf einem Podest aus dem Untergrund hochgefahren, diesselbe Kammer deren Technik im zweiten Akt versagt. Kundry sitzt dann auf dem Podest wie ein weltlicher Gral. Wasser als Gegenstand religiöser Handlungen spielt als vielbenutzter Pool eine hervorgehobene Rolle. Eine überragende Irene Roberts als Kundry muss zumeist im Pool verweilen und dann immer wieder die nassen Kleider ablegen. Zum Glück erfreute sie sich bester Gesundheit und Stimme. Ihre Darstellung besonders gesanglich des mysteriösen verlockend Weiblichen ist beeindruckend und markant überzeugend. Amfortas wirkt im weißen Rohlstuhl mehr als fremd in dem klassisch minimalistischen Ambiente. Dafür mimt Michael Nagy den leidenden den Tod Ersehnenden wehrhaft und standhaft mit lyrischen Zügen. Auch dessen Vater Titurel erscheint auf der Bühne, sein Heil im Gral mit der Stimme von Clive Bayley bestimmend mit Kraft fordernd. Brindley Sherratt singt erfreulich die zentrale „Monster-„ Partie des Gurnemanz weitgehend aus, zwängt sich mitunter in den Höhen und unterstützt die sichere Tiefe mit feinen Nuancen. Georg Nigl ist ein gefeierter Charaktersänger. Er kleidet die Rolle Klingsors gestalterisch mit Gespür aus, im Gesang verharrt er im gesprochenen Wort reduziert.
Der musikalische Leiter der Tiroler Festspiele Asher Fisch hatte im Vorfeld die bau/technischen Bemühungen im Festspielhaus erläutert, um auch große Wagneropern in perfekter akustischer Umgebung zu realisieren. Dies dokumentiert er eindringlich am Pult des Orchesters der Tiroler Festspiele. Sehr ausgeglichen erarbeitet er mit den jungen Musikern, die für die Festspielzeit aus verschiedenen Ländern zusammen kommen, große musikalische Momente. Es gelingen filigrane von wenigen Instrumenten getragene Passagen klar und transparent bis in feine Piani zu durchleuchten. Dann wieder volle romantische Klänge ohne überschäumende Wuchtigkeit aber dominanter Melodieführung dagegen zu setzen. Die Musik ist ununterbrochen sehr präsent, das Spiel auf der Bühne wirkt eher als Begleitung als umgekehrt und trotzdem fliesst es zusammen. Ein mehr als gelungener Start einer weiteren Wagner Ära am Tiroler grünen Hügel, wie Erl immer wieder im Vergleich bezeichnet wird.
Ein sehr menschliches modernes finales Bild beendet durch die Regie den Abend. Zu dem Erlösungsakt durch den erlösenden Gralsritter Parsifal hebt sich der Bühnrnhintergrund und der stimmsicher homogene Chor der Tiroler Festspiele erscheint in moderner Alltagskleidung und singt die finalen Takte von der Bühne aus durch den Zuschauerraum schreitend. Die Erlösung währt für alle zu allen Zeiten, die Gesellschaft verbindend. Welch edler Gedanke in diesen turbulenten Zeiten.
Stehende Ovationen und großer Jubel im ausverkauften Haus
Dr. Helmut Pitsch
23. April 2025 | Drucken
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