Rheingold als traditionelles dunkles Märchen mit mäßigem Erfolg

Xl_das-rheingold_teatro-alla-scala_mailand-2024 © Teatro alla Scala

Richard Wagner Das Rheingold Teatro alla Scala Mailand 28.10.2024

Rheingold als traditionelles dunkles Märchen mit mäßigem Erfolg

Buhs und Bravi rufe halten sich gemäßigt die Waage, kurz ist der Applaus des Premierenpublikums der Neuinszenierung von Richard Wagners Oper Rheingold, Vorspiel des Mammutwerkes Ring des Nibelungen.

David McVicar gestaltet den Opernabend traditionell ohne politische Aussage in starken Bildern eines traditionell gehaltenen Märchens, als solches kann die Handlung verstanden werden. Gemeinsam mit Hannah Postlethwaite  hat er ästhetische, symbolträchtige Bühnenbilder entworfen. Schon vor Beginn fasst eine Projektion auf den Bühnenvorhang die Lehre der Geschichte der gesamten Tetralogie zusammen. Eine schwarze Handfläche umgeben von einem leuchtend goldenen Ring quasi als Stopschild „Hände weg vom Ring“.

Drei abgehackte dunkle Hände hüten kreisförmig auf dem Boden des Rheins das unsichtbare Rheingold wie wiederum eine Mahnung, dieses nicht zu entwenden. Dunkel trüb ist die Bühne ausgeleuchtet. Dort spielen die Rheintöchter in langen, leicht schimmernden Kleidern mit Kopfschmuck wie stachelige lange Gräser, Alberich erscheint halbnackt als Schurke in einem unappetitlichen Fatsuit. Aus der Mitte der Hände erscheint das personifizierte Rheingold als goldener Tänzer mit goldener Maske, die symbolisch für den Schatz von Alberich gestohlen wird.

In der Götterwelt strebt eindrucksvoll eine steile Treppe hoch in den Himmel. Die Götterwelt trägt in den Kostümentwürfen von Emma Kingsbury unvorteilhaft üppige Röcke in gedeckten Farben mit ausgestopften Oberteilen, die die Beweglichkeit der Protagonisten einengen, aber den märchenhaften Charakter des Abends festigen.

Stark ist das Bild Nibelheims. Ein goldfarbener Totenschädel, der sich in der Mitte öffnet, ist Alberichs Heim. Wuselnde Kinder stehen für sein Zwergenvolk. Ein unscheinbares graues Etwas ist der Tarnhelm, ein kaum sichtbarer Ring das Objekt der leidvollen Begierde der dreiteiligen folgenden Geschichte.

Das Rheingold - Teatro alla Scala (2024)
Das Rheingold - Teatro alla Scala (2024)

Musikalisch verantwortet Simone Young den Premierenabend. Sie ist kurzfristig für Christian Thielemann eingesprungen, der die Leitung des Ringes abgesagt hat. Mit großem Einsatz, klarem Taktschlag und immer aufmunternd führt sie das Orchester der Mailänder Scala, das ab und an nicht ausreichend vorbereitet wirkt. Ihre Interpretation ist frisch, nicht überladen, mit vielen Akzenten und klarem Herausstreichen der Motive.

Sängerisch ist die Neuauflage des Mailänder Rings bestens besetzt. Michael Volle zeigt sich stimmlich in bester Form als Wotan. Unter der Last der Kostüme etwas am Fuss gehandikapt humpelt er wenig spielend auf der Bühne. Stolz hält er den Speer in der Hand. Okka von der Damerau ist nicht nur wegen des hell glitzernden, mächtigen Kostüms eine strahlende Fricka. Norbert Ernst wirkt in seinem unvorteilhaften schwarzen Sackkostüm mit dunkelroten Haaren als Loge nicht sehr feurig und bleibt stimmlich farblos ohne seiner einflussreichen Aufgabe gerecht zu werden.

Mit Andre Schuen als Donner und Siyabonga Maqungo als Froh gibt es eine qualitative Luxusbesetzung. Olga Bezsmertna ist ein feine Freia. Jongmin Park und Ain Anger verkörpern stimmgewaltig und deutlich die Riesen Fasolt und Fafner. Artistisch bewegen sie sich auf Stelzen mit Riesenhänden und über allem throhnenden Köpfen auch optisch riesenhaft.

Olafur Sigurdarson als Alberich und Wolfgang Ablinger Sperrhacke als Mime sind derzeit Spitzenbesetzungen für diese beiden Nibelungen und zeigen auch hier ausdruckstarke Rollendarstellungen.

Christa Mayer mit langem, schlohweißem Haar ist eine mystische durchdringende Erda.

Andrea Carroll, Svetlina Stoyanova und Virginie Verrez turnen beweglich als Rheintöchter in den großen Händen. Stimmlich passen die drei, auch farblich gut abgestimmt, zusammen.

Die gemischten Reaktionen mögen mit unterschiedlichen Erwartungen zusammenhängen. Insgesamt ist die optische Neugestaltung als sehr gelungen zu beurteilen, die Kostüme und eine wenig  ideenreiche Personenführung, mit Ausnahme der göttlichen Bediensteten, liessen Spannung vermissen. Vieles erinnert an bereits in anderen Inszenierungen Gesehenes, aber trotzdem ist diese Inszenierung originell und ein Original.

Musikalisch wird vor allem sängerisch viel geboten mit Schwächen im Orchester. Man kann mit Neugierde  die Fortsetzung erwarten. Im Februar 2025 wird mit Walküre der Ring an der Mailänder Scala fortgesetzt.

Dr. Helmut Pitsch

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