Rheingold in Monte Carlo - Flugzeugwrack im Videowonderland

Xl_a563888b-0164-4175-81f0-a2b43135701e © OMC Marco Borelli

Richard Wagner Das Rheingold Opera Monte Carlo 21.2.2025

Rheingold in Monte Carlo - Flugzeugwrack im Videowonderland

Nähert sich der Besucher der Oper von Monte Carlo betritt er beteits ein Märchenland. Im ehrwürdig golden ausgemalten mit Stukkaturen überladenen klassizistischen Gebäude des sagenumwobenen Spielcasinos von Monte Carlo ist auch die Oper unterbracht. Hört man im Foyer das Klingeln der Spielautomaten und die überall angebotenen Verlockungen von schnellem Reichtum und Luxus fühlt man sich schon im Vorspiel zu Richard Wagners Vorabend zum Ring des Nibelungen, das wohl größte vertonte Märchen um Reichtum und Macht per se. Welch symbolische Überschneidung passend zum Thema. Architektonisch ist der Zuschauerraum der Oper eine Miniatur der Opera Garnier in Paris, vom gleichnamigen Architekten geplant.

Unter der Intendanz von Publikumsliebling der Sopranistin Cecilia Bartoli wagt sich nun das kleine feine Opernhaus an die Neuinszenierung des Rheingold dem ersten Abend des Mammutwerkes Der Ring des Nibelungen von Richard Wagner mit dem Regisseur Davide Livermore. In s/w Filmkulisse auf den Vorhang projeziert führt er einen Jungen ein, der mehrmals im Laufe des Abends eine Botschaft auf ein Blatt Papier krizelt und dieses dann zu einem Flieger faltet, der zu einer Überleitung großer knalliger Videoprojektionen, durch D-Wok gestaltet, überführt. So stürzt zum Vorspiel eine DC3 - die Propellermaschine ist ein Klassiker der Fluggeschichte - in einem Gewittersturm ins Wasser und zerschellt am Grunde des Rheins. Etwas ungewöhnlich schräg liegen ein paar Statisten neben den auf glanz polierten Wrack am Boden - Bühne Eleonora Peronetti. In Videos treiben Menschen im Wasser. Schrill wie in einer Revue erscheinen die Rheintöchter, Alberich kommt in Arbeitskleidung aus dem Untergrund hochgefahren. Das Flugzeug und die insgesamt phantasievollen Kostüme von Gianluca Falaschi lassen auf ein Ambiente der 50 iger Jahre schliessen. Das Gold schimmert in einem runden Glasgefäss.

Bei den Göttern findet sich das stählern schimmernde Flugzeugwrack im Gletschereis, nahezu malerisch romantisch von Videos umgeben, wieder. Wotan im bodenlangen Pelz, Donner und Froh in Wüstenuniform mit Flügeln wirken ebenso fremdartig wie die Riesen als Ziegenböcke wie mythologische Satyre oder Fauns auf Hufen mit dicken fellbepackten Beinen und Hörnern. Loge ist ein smarter Businessmann im Anzug mit Weste, pelzbesetzten Mantel und Aktentasche. Fricka als noble Dame der Gesellschaft lang in schwarz, Freia in weiss. Alberich und Mime hausen von Feuerbrünsten umgeben, die Verwandlungen finden nicht statt, auch Tarnhelm und Ring finden keine Symbolik auch wenn ab und an ein Revolver zu den musikalischen Leitmotiven Verwendung findet. Zu Alberichs Fluch wird eine schwere gedeckte Tafel auf die Bühne geschoben, auf der der Gefangene zu liegen kommt. Gänzlich misslingt der Einmarsch nach Walhall. Die Götter besteigen das Flugzeugwrack, Loge und Wotan bleiben auf den Stümmeln der Flügel stehen und der Junge aus den Videos , der auch immer auf der Bühne mitspielen darf, krizelt das Abschlussbild „Was spielen wir als nächstes“. Soll dies die Überleitung zu den folgenden Abenden sein?

Musikalisch ist die Gestaltung der Handlung subtiler und weniger großflächig farbenreich im Orchestergraben. Gianluca Capuano erarbeitet mit den Les Musicien du Prince Monaco, dem von ihm gegründeten Orchester des Opernhauses, immer wieder sehr eindringliche stimmungsvolle Momente, mancherorts fehlt die musikalische Spannkraft und romantische Fülle. Kleine Unsicherheiten treten bei den Bläsern auf, aber die hochwertige Leistung der Musiker angesichts der anspruchsvollen Partitur ist hoch zu schätzen.

Sängerisch wurde ein zumeist deutsches erfahrenes Sängerensemble engagiert. Wotan wird von Christopher Purves sängerisch gut gemeistert, zumeist auch wortverständluch nur in der Darstellung erreicht er keine herrschaftlich bedeutungsvolle Wirkung. Die kann Wolfgang Albinger Sperrhacke als Loge ganz für sich reklamieren. Gerne flattern seine Finger zum Rhein Motiv, missgünstig stellt er sich gegenüber die Götter und schelmisch gegenüber die Riesen. Seine stimmliche Farbigkeit und Präsenz unterstützt seine Darstellung. Kartal Karagedik als Donner und Omer Kobiljak als Froh werden von der Regie eher zur Parodie anstatt zu würdigen Göttern. Stimmlich gelingt es aber beiden hier noch Eindruck zu gewinnen. Kurzfristig ist Deniz Uzum als Fricka eingesprungen und fügt sich gelungen in das Regiekonzept als kühle unbeirrbare Herrscherin ein. Ihr Mezzo hat Farbe und Kraft. Melissa Petit überzeugt als Freia und Woglinde mit jugendhaften Sopran. Gar nicht riesenhaft und als ernstzunehmende Kontrahenten zeichnet die Regie Fasolt und Fafner. David Soar und Wilhelm Schwinghammer erfreuen hier mit ihrem engagierten und durchdringenden Gesang, der in dem kleinen Haus auch voluminös wirkt. Peter Kalman gelingt als Alberich und Michael Laurenz als Mime ein rundes und zur Handlung bestens passendes Rollenbild. Kalman mutiert zu einem männlichen furchtlosen Räuber, der den raschen Verlust des Ringes mit erwartungsvoller Hinterlistigkeit verdaut. Der Ungar verfügt über einen fülligen Bariton, den er nuanciert geschickt einsetzt. Laurenz ist ein versierter Charaktertenor, der Mime die nötige gequälte Gerissenheit verleiht. Kurz aber nachhaltig ist der Auftritt von Ekaterina Semenchuk als Erda. Sie weißt unverblümt nachdrücklich dem düpiertten Wotan den Weg. Kayleigh Decker und Alexandra Kadurna runden als Rheintöchter die sehr guten Sängerleistungen in dieser farbenfrohen optisch dominierten sehr lebendigen Neuinszenierung ab.

Das Publikum spendet viel zustimmenden Beifall im ausverkauften Haus.

Copyright OMC Marco Borelli

Dr. Helmut Pitsch

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