Richard Wagner Parsifal Wiederaufnahme Bayerische Staatsoper 31.3.2024
Sängerriege des Parsifal brilliert auf ausgedehnt breitem Klangteppich in München
Ostern und Parsifal ist für Opernfreunde eine wohl zelebrierte Tradition. Die Geschichte vom reinen Tor, die sich aus der Zusammensetzung der persischen Wörter parsi für rein und fal für Tor ergibt, enthält nur wenig Verbindung zu der mittelalterlichen Erzählung Parzifal des Minnesängers Wolfram von Eschenbach. Es ist Richard Wagners letzte Oper, von ihm selbst als Bühnenweihfestspiel tituliert. Sein royaler Gönner König Ludwig II forderte ihn auf, das Werk, das ihn immer wieder beschäftigte, abzuschließen. 1882 erlebte es seine erfolgreiche Uraufführung bei den zweiten Bayreuther Festspielen.
Weihevoll wird die Wiederaufnahme des Parsifal in der Inszenierung von Pierre Audi aus 2018 in München an diesem Ostersonntag. Constantin Trinks wählt am Pult ein sehr getragenes langsames Tempo und reiht sich mit nahezu zwei Stunden für den ersten Akt im Spitzenfeld für die Dauer ein. Aber es gelingt ihm nach einem schleppenden Vorspiel Akzente zu setzen, insbesondere im Tutti der Blechbläser zeigt er Ecken, mit mehreren Spannungspausen kann er diese trotzdem halten. Den aufmerksamen gross aufspielenden Musikern der Bayerischen Staatskapelle gelingt mit ihrem Maestro eine überzeugende weihevoll fließende Interpretation. Dabei bilden sie einen samten weichen tragenden Klangteppich für die Sänger, die bestens disponiert auf diesem Platz nehmen.
Georg Zeppenfeld ist als Gurnemanz erste Sahne. Textsicher und wortverständlich gibt er seiner umfangreichen Erzählungen gestalterische Kraft und Dramatik. Die amerikanische Mezzosopranistin Irene Roberts gibt ihr Hausdebüt als Kundry. Dies gelingt ihr mit Bravour durch Spielleidenschaft und einer stimmlich bestens austarierten Interpretation. Markig sind ihre Wehlaute, verführerisch lyrisch ihre lustvollen Begierden, mit einem munteren Schuss Hysterie ihre Seelenausbrüche, ein großer Auftritt. Ihr Zusammentreffen mit Clay Hilley, dem tölpelhaften Helden in Klingsors Zaubergarten wird zum Höhepunkt des Abends. Der Amerikaner hat deutlich an Verständlichkeit und Ausdruckskraft zugelegt. Sein Tenor sitzt sicher, intoniert in allen Lagen mit Wohlklang, vermag Piani sowie Forti breit und leicht zu bilden, im Spiel bekommt er von der Regie wenig unterstüzende Einfälle. Hier weiss sich Christian Gerhaher als Amfortas bestens zu helfen und prägt den leidenden Gralsritter kämpferisch auflehnend auch stürmisch zum Kampf bereit. Gleichzeitig vermag sein liederprobter Bariton sehr cantabel leicht von seinem Schicksal zu berichten. Beeindruckend seine nuancenreiche Stimmführung, die ihn hervorhebt. Jochen Schmeckenbecher mimt den streitbaren machthungrigen Widersacher Klingsor. Auch er empfiehlt sich mit gefühlvoller balladenhafter Erzähltechnik. Besonders zu erwähnen ist die ausgezeichnete Disposition des Chores, bestens von Christoph Heil vorbereitet. Der Männerchor der Gralsritter zeigt sich heldenhaft glänzend trotz wenig ansprechender Kostümierung in Fatsuits, den nackten Körper abbildend. Engelsgleich strahlt der Frauenchor die ersehnte Erlösung verkündend.
Die Regie von Pierre Audi, des derzeitigen Intendanten der Festspiele Aix en Provence kann in der sehr statischen dunkel gehaltenen Inszenierung nicht überzeugen. Die leidvollen Beziehungen der Personen bleiben isoliert, die Körpersprache mit wenig Gesten verschüchtert. Wenig inspiriert kriechen Kundry und Klingsor unter den Vorhängen zu ihren Auftritten im zweiten Akt hervor.
Das Bühnenbild von Georg Baselitz zeigt auf großer Leinwand dessen typische schemenhaften auf den Kopf gestellten Gestalten, Abbilder der nackten Gralsritter zu den jeweiligen Vorspielen. Auch der apokalyptische Wald steht im dritten Akt auf dem Kopf. Der Gral verbirgt sich in einer Struktur aus drei zusammengebundenen Stämmen.
Das Publikum bejubelt die Sänger, Dirigent und Musiker wohlverdient, große Begeisterung nach dem auf sechs Stunden ausgedehnten Abend.
Dr. Helmut Pitsch
01. April 2024 | Drucken
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