"Adriana Lecouvreur" bei den Salzburger Festspielen: Krieg der Primadonnen

Xl_adriana-lecouvreur-salzburg-7-19-4 © Marco Borelli

Tausende Swarovski-Kristalle funkelten aus ihrer edlen smaragdgrünen Robe schon bei ihrem ersten Auftritt und dann im nächsten Akt aus ihrem ebenso geschmackvollen orangen Kleid. Und von Anfang funkelte auch ihr edler Sopran: Anna Netrebko singt nicht nur großartig, sondern sie weiß sich auch zu inszenieren: So wie diesmal bei „Adriana Lecouvreur“ von Francesco Cilèa, eine Oper, die jetzt in konzertanter Form bei den Salzburger Festspielen aufgeführt wurde. Und man wundert sich, warum dieses Werk, das seine Uraufführung 1902 in Mailand erlebte, so selten aufgeführt wird. Zwar hat der italienische Komponist außer dieser Oper keinen weiteren musikdramatischen Erfolg, bei immerhin fünf Opern insgesamt, liefern können. An der Musik kann es nicht liegen, denn dieser Verismo-Edelreißer sprüht nur so von eingängigen Melodien, einige Arien haben auch durchaus Ohrwurmcharakter, schimmernder Lyrik und Leitmotiven, die das Geschehen zart durchziehen wie auch von donnernder Dramatik. Wahrscheinlich liegt es doch vielmehr am Libretto von Arturo Colautti, dem ein Stoff von Eugéne Scribe zugrunde liegt, mit der schwer nachvollziehenden Briefintrige, der heute kaum glaubhaften Ermordung durch giftverseuchte Veilchen. Dazu haben außer den beiden um den gleichen Mann kämpfenden Rivalinnen, die Titelheldin und die Fürstin Bouillon, weder der gemeinsame Liebhaber Maurizio, Graf Moritz von Sachsen, noch der Fürst Bouillon wie auch der alte, die Schauspielerin schon ewig liebende Inspizient Michonnet ein echtes Profil. Aber immerhin setzt das Dreiecksverhältnis rund um die Diva packende, dramatische Effekte frei.

Adriana, eine historische Figur aus der Voltaire-Zeit, ist eine hübsche Primadonna der Schauspielbühne. Anna Netrebko ist eine hübsche Primadonna der Opernbühne, die diese Partie geradezu ideal verkörpert. Und trotz konzertanter Aufführung gemeinsam mit den anderen Protagonisten durchaus spielt. Sie wird zum mädchenhaften Wesen, das in eine Traumwelt eintaucht und das zwischen realen Leben und Schauspiel nicht immer zu unterscheiden weiß. Bestechend sind ihre Pianissimi, ihre makellose Technik, ihr Legato, alle ihre Spitzentöne und ihre hohe musikalische Sensibilität. Ihre lange Sterbeszene wusste sie mit vielen, zarten Schattierungen zum Schluss völlig entrückt voll auszukosten. Eine prächtige Bühnenerscheinung mit enormer Präsenz und Wucht ist auch Anita Rachvelishvili als ihre Rivalin. Sie singt die Fürstin Bouillon mit dunklem Mezzo. Die dramatische Wucht ihrer Töne verschmilzt mit nie bröckelnder Klangfülle. Yusif Eyvazov als umworbener Maurizio wirkt anfänglich etwas angestrengt, singt ihn dann mit ungefährdeten Spitzentönen und dem ihm eigenen, gewöhnungsbedürftigen Timbre in den unteren Lagen. Nicola Alaimo als verliebter Michonnet singt aber sehr kraftvoll und kernig. Er ist der Ruhepol des Geschehens und stets anwesender freundschaftlicher Halt für die Primadonna. Vom übrigen, reich besetzten Ensemble gefallen noch Andrea Giovannini als intriganter Abate mit schön geführtem Tenor, wie auch Mika Kares als stimmgewaltiger Fürst. Homogen hört man den Philharmonia Chor Wien (Einstudierung: Walter Zeh).

Reich aufgefächert hat Marco Armiliato die reizvollen Klangfarben der vielschichtigen Partitur im Mozarteumorchester Salzburg. Da ist Platz für Lyrik, Ironie und Dramatik. Nur ganz selten werden die Emotionen zu hitzig und der Phonpegel etwas überzogen.

Am Ende überschlägt sich das Publikum mit Jubel und stehenden Ovationen!

Dr. Helmut Christian Mayer

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