Es ist eine traumähnliche Erinnerung an eine unerfüllte Liebe, wovon das Lied „Dissonance“ (auch Titel der neuen CD) handelt und wo sich ihre Stimme zum Ausdruck purer Leidenschaft steigerte. Aber es geht auch sonst bei den ausgewählten Romanzen ausschließlich von Sergej Rachmaninow, einer der Lieblingskomponisten der Sängerin, um große, meist dunkle Gefühle, wie unerfüllte Sehnsucht, quälende Zurückweisung, Trauerschmerz und tiefe Einsamkeit: Und Asmik Grigorian erfüllte die hochgesteckten Erwartungen bei ihrem Liederabend bei den Taggenbrunner Festspielen, hoch über St. Veit/Glan, in Kärnten. Spätestens seit ihrem bahnbrechenden Erfolg als Strauss „Salome“ 2018 bei den Salzburger Festspielen ist die litauische Ausnahmesopranistin weltweit bekannt und heiß begehrt.
Wobei die Bezeichnung Liederabend nicht ideal greift, handelt es sich doch um „Kleine Opernstücke in wenigen Minuten“ (Eigendefiniton der Sängerin).Denn die hochemotionalen Romanzen, vertonte Gedichte etwa von Alexander Puschkin, Victor Hugooder Alfred de Musset und anderen kaum bekannten russischen Lyrikern, erfordern durchaus einen opernhaften Ton. Und diesen wusste die litauische Ausnahmesopranistin immer reich an Schattierungen und mit müheloser Höhe aber mit (manchmal zu) extremer, kraftvoller Intensität zu präsentieren. Man erlebte aber etwa bei „Kind, du bist so schön wie eine Blume“ oder bei „Quellwasser“ auch sehr subtile und fröhliche Stimmungen mit feinsten Piani.
Kongenial begleitet wurde sie vom Pianisten Lukas Geniušas, der auch bei weiteren Solostücken überwiegend von Rachmaninow glänzen konnte, wobei besonders das Prélude Nr. 12 hochvirtuos interpretiert wurde.
Großer Jubel und zwei Zugaben, natürlich von Rachmaninow.
Dr. Helmut Christian Mayer
02. Juni 2022 | Drucken
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