Wir befinden uns im Jahr 1934. In diese Zeit verlegt Ruth Brauer-Kvam die Handlung der „Die Csárdásfürstin“ von Emmerich Kálmán aus 1915, „in der jüdische Kultur nicht verboten war, die Gefahr aber schon in der Luft lag“, wie dies die Regisseurin sieht. Damit wird der Badener Operettensommer in der frisch und schmuck renovierten Sommerarena direkt am Kurpark eröffnet. Was sich allerdings mit der Handlung nicht immer ganz stimmig erweist. Auch wurden Texte neu kreiert oder verändert: So werden etwa vom Conferencier des jüdischen Orpheums in Budapest Feri Bacsi, verkörpert von Tania Golden, immer wieder leider schwer verständlich jüdische Witze erzählt. Die bekannte Nummer "Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht" wird zu "Ganz ohne Liebe geht die Chose nicht", offenbar ein Zugeständnis an den Gendergeist und der sich auf der Bühne tummelnden queeren Gesellschaft.
Aber insgesamt kommt in dem eher einfachen aber ästhetischen Bühnenbild die kluge wirkungssichere Verteilung von Licht und Schatten im Wechsel von heiter beschwingten, melancholisch umdüsterten, lustig draufgängerischen und leidenschaftlich erregten Szenen bei der Inszenierung voll zur Geltung. Mitreißend und temperamentvoll ist die Umsetzung mit wohl dosierten Slapsticks. Es fehlt auch nicht an Eleganz und Witz.
Gesungen und gespielt wird mit enormer Spielfreude: „Ja, so ein Teufelsweib“ ist Alma Sadé, Ensemblemitglied der Komischen Oper Berlin, auf jeden Fall, denn sie ist eine temperamentvolle, strahlende, liebreizende Besetzung für die Titelrolle der Sylva Varescu mit einem feinen, höhensicheren Sopran. Iurie Ciobanu als ihr Geliebter Edwin verfügt über Kraft und viel tenoralen Schmelz. Komtesse Stasi, Edwins Jugendfreundin, wird von Anna Overbeck sehr burschikos mit leichtem Sopran dargestellt. Mit herrlich ungarischem Akzent und köstlicher komödiantischer Kunst spielt, tanzt und singt Ricardo Frenzel Baudisch den Grafen Boni, Edwins besten Freund, und sorgt für viele Lacher. Die Eltern von Edwin werden von Oliver Baier als skurrilen, schwerhörigen Fürst Leopold Maria von und zu Lippert-Weylersheim und von Verena Scheitz als dessen Frau Anthilde mit Witz dargestellt. Florian Stohr zeigt Wandlungsfähigkeit in gleich drei Rollen. Viel Schwung demonstrieren auch der Chor des Hauses bei Gesang und Spiel sowie das hauseigene Ballett.
Den unglaublichen Reichtum an wunderbaren Hits bringt das Orchester der Bühne Baden unter der Leitung von Christoph Huber recht zündend und beschwingt zur Geltung. Es wird von einem Trio der Bühnenmusik mit folkloristisch Klängen bestens unterstützt.
Viel Applaus für den gelungenen Start in den Operettensommer.
Dr. Helmut Christian Mayer
02. Juli 2024 | Drucken
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