Die Geschichte ist schon ziemlich haarsträubend: Eine schwer nachvollziehende Briefintrige und eine heute kaum mehr glaubhafte Ermordung durch giftverseuchte Veilchen. Das Libretto stammt von Arturo Colautti, dem ein Stoff von Eugéne Scribe zugrunde liegt. Sicher einer der Gründe, warum „Adriana Lecouvreur“ von Francesco Cilèa so selten gespielt wird. An der Wiener Staatsoper sogar 2014 überhaupt zum ersten Mal. Dazu kommt noch, dass außer den beiden um den gleichen Mann kämpfenden Rivalinnen, die Titelheldin und die Fürstin Bouillon, weder der gemeinsame Liebhaber Maurizio, Graf Moritz von Sachsen, wie auch der Fürst Bouillon noch der alte, die Schauspielerin schon ewig liebende Inspizient Michonnet ein echtes Profil haben. Aber immerhin setzt das Dreiecksverhältnis rund um die Diva packende, dramatische Effekte frei.
An der Musik kann es sicher nicht liegen, denn dieses Werk sprüht nur so von eingängigen Melodien, einige Arien haben auch durchaus Ohrwurmcharakter, schimmernder Lyrik und Leitmotiven, die das Geschehen zart durchziehen wie auch von donnernder Dramatik. Und fast genauso erklingt die Oper jetzt bei ihrer Wiederaufnahme an der Wiener Staatsoper. Dafür sorgt Asher Fisch am Pult des Orchesters der Wiener Staatsoper. Die reizvollen Klangfarben der vielschichtigen Partitur werden mit Lyrik, Ironie aber auch Dramatik gestaltet. Nur ganz selten werden die Emotionen zu hitzig und der Phonpegel etwas überzogen.
Adriana, eine historische Figur aus der Voltaire-Zeit, wird von Ermonela Jaho verkörpert. Da sitzen viele Gesten, auch gewollte Manieriertheiten, die für diese Partie ja ohnedies passen. Bestechend sind ihre Pianissimi, und alle ihre Spitzentöne und ihre hohe musikalische Sensibilität ihres runden Soprans. Ihre lange Sterbeszene wusste sie mit vielen, zarten Schattierungen zum Schluss völlig entrückt voll auszukosten. Eine noch prächtigere Bühnenerscheinung mit noch enormerer Präsenz hat jedoch Elina Garanca als ihre Rivalin. Sie singt die Fürstin Bouillon mit wunderbarem dunklem Mezzo. Die dramatische Wucht ihrer Töne verschmilzt mit nie bröckelnder Klangfülle. Brian Jagde als umworbener Maurizio singt ihn mit feinem und ungefährdeten Spitzentöne, szenisch wirkt er eher zu zurückhaltend. Nicola Alaimo als verliebter Michonnet wirkt auch von der Regie eher alleingelassen, er singt ihn aber sehr sensibel und kernig. Er ist der Ruhepol des Geschehens und stets anwesender freundschaftlicher Halt für die Primadonna. Vom übrigen, reich besetzten Ensemble gefallen noch Andrea Giovannini als intriganter Abate mit schön geführtem Tenor, wie auch Evgeny Solodovnikov als guter aber eher blasser Fürst.
Gezeigt wird wieder die Inszenierung von David McVicar aus 2014, durchaus mit detailverliebter, auch bei den Nebendarstellern und Statisten genau gearbeiteten, mit vielen Symbolen angereicherten Personenführung und sie ist durchaus repertoiretauglich. Die historisierte, prunkvolle Ausstattung etwa der Theaterbühne oder des luxuriösen Landpalais (Charles Edwards) wie auch die geradezu prachtvollen, üppigen Roben (Brigitte Reiffenstuel) wirken nach dem heutigen Geschmack vielleicht etwas altmodisch, sind aber ungemein ästhetisch. Dazu passt auch das kurze Ballett, wie es Andrew George gestaltet hat.
Am Ende gibt es viel Jubel!
Dr. Helmut Christian Mayer
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