Leo Nucci ist einfach ein Phänomen: Nachdem er gemeinsam mit Maria Monzò als Gilda sein „Sì, vendetta“, worin der dem Verführer seiner Tochter ewige Rache schwört, mit ungemein mitreißendem Einsatz gesungen hatte, und der Jubel des Publikums nicht enden wollte, wiederholte er die Arie einfach noch einmal, sich stimmlich noch mehr steigernd. Scheinbar nahezu keine Spuren hat die Zeit an seiner Stimme hinterlassen, denn trotz seiner 76 Jahre (!) brillierte der Starbariton immer noch in seiner Paraderolle, der Titelpartie aus Giuseppe Verdis „Rigoletto“, die er über 500 Mal gesungen hat, mit seinem immer noch enorm kraftvollen, kernigen, schönen, weichen Bariton. Auch darstellerisch wusste der Sängerstar, der an allen Opernhäusern und Festivals weltweit zu Hause war, jede Geste, jede Nuance des Hofnarren zu setzen. Vor allem die Vaterliebe und sein Abschied von seiner über alles geliebten Tochter Gilda war ungemein berührend und ging sehr unter die Haut.
Diese wird von der jungen Maria Monzò sehr mädchenhaft, mit seelenvollen Piani und reinstem Sopran sowie saubersten Koloraturen und ungefährdeter Höhe gesungen. „La donna è mobile“ - Nicht allein bei diesem Gassenhauer konnte Celso Albelo, als ihr Verführer, als Herzog von Mantua mit geschmeidigem, schmelzigen und höhensicheren Tenor, der nur manchmal zu kräftig erklang, punkten. Sehr verführerisch und erotisch sowie wunderbar dunkel timbriert hörte man Anastasija Boldyreva als Maddalena. Kraftvoll und furchterregend sang Gian Piero Barattero den Graf Monterone. Abfallend von den auch bis in die kleinsten Rollen sehr guten Gesangsleistungen hörte man Dario Russo als zu knorrigen und zu vibratoreichen Sparafucile. Auch der Chor des Genueser Opernhauses, der von Franco Sebastiano einstudiert wurde, sang sehr mächtig und homogen.
Gianluca Marcianò am Pult des Orchesters des Teatro Carlo Fenice von Genua entfachte mit vielen dynamischen Abstufungen Spannung und Leidenschaft. ´
Für die Inszenierung zeichnete der ehemalige, sehr bekannte Sänger Rolando Panerai, er sang auch den Rigoletto viele Male, verantwortlich. Sie war, wie zu erwarten, sehr klassisch und traditionell mit einer naturalistischen Kulisse, dem Interieur des Palastes, des Rigoletto-Häuschen, das frappant an jenes, noch erhaltene Gebäude in Mantua erinnert und dem nüchternen Haus des Sparafucile, die ebenfalls von Panerai erdacht wurden in Kostümen der damaligen Zeit, die von Regina Schrecker stammen. Unterstützt wurde die Szene von einigen Videoprojektionen im Hintergrund, bei denen es speziell beim Gewitter ordentlich blitzte, und einigen Tänzerinnen und Tänzern, deren Kostüme aus einem Fellini Film entstanden sein könnten.
Stehende Ovationen und nicht endenwollender Jubel!
Helmut Christian Mayer
28. August 2018 | Drucken
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