Die Wiener Philharmoniker brillieren unter Thielemann mit Bruckners Achter - Ätherisch schöne Kulmination

Xl_thielemann-christian-terry_linke-2-23 © Terry Linke

„Es ist nicht unmöglich, dass diesem traumverwirrten Katzenjammer die Zukunft gehört – eine Zukunft, die wir nicht darum beneiden“: Der gefürchtete Kritiker Eduard Hanslick sollte mit dem resignierenden Schlusssatz seines Verrisses anlässlich der triumphalen Uraufführung der zweiten Fassung  von Anton Bruckners 8. Symphonie 1892 in Wien recht behalten. Denn das Werk zählt heute zu den beeindruckendsten und bedeutendsten Symphonien überhaupt.

In weitausholenden Intervallen und ständigen Steigerungswellen bis zum strahlenden, choralartigen Höhepunkt, mehrfach im breit aufgefächerten Streicherteppich und harfenumspielt auslaufend: Besonders das Adagio ist von anrührender, ja so ätherischer Schönheit, dass es einem förmlich den Atem verschlägt. Vor allem dann, wenn es so einzigartig von den Wiener Philharmonikern unter Christian Thielemann musiziert wurde, wie jetzt im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins.  Auch sonst konnte der wie immer auswendig dirigierende deutsche Maestro die hohen Qualitäten der Musiker bei dem fast neunzigminütigen Monumentalwerk voll ausschöpfen. In breiten Tempi, alle Phrasen auskostend und mit einem ungemeinen Farbenreichtum wurden die prunkenden Orchestereffekte wie auch der Hang zur großen Gebärde hervorgehoben. Das für damalige Verhältnisse radikale harmonische Neuland, jener seltsame Dialog zwischen dem Flüstern und Wispern der Violinen im Scherzo mit seinem fast brutalen, ja trivialen einzigen Motiv, und die großartige Klimax zum Finale, wenn in einem einzigartigen, kompositorischen Kraftakt alle vier Themen aller Sätze übereinandergeschichtet werden, wurden phänomenal zelebriert: Eine Kulmination eines symphonischen Lebenswerkes.

Das Publikum reagierte mit spontanem Riesenjubel und stehenden Ovationen! Es war eine gelungene Generalprobe für eines der drei geplanten Konzerte für die demnächst bevorstehende gemeinsame New-York Tournee! Und die begeisterten Zuhörer wollten Thielemann gar nicht gehen lassen, denn obwohl das Orchester das Podium schon längst verlassen hatte, wurde der Dirigent immer wieder herausgebeten, um den nicht endenwollenden Applaus entgegenzunehmen.

Dr. Helmut Christian Mayer

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