Expressiv, extrem ausgereizt mit einem ekstatischen Farbenrausch und schwebender Rhythmik in den wunderbaren Streichern: Genauso erklang beim Konzert der Wiener Philharmoniker unter Christian Thielemann Arnold Schönbergs Frühwerk „Verklärte Nacht“ op. 4, in der revidierten Fassung für Streichorchester, das auf dem gleichnamigen Gedicht von Richard Dehmel beruht, im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins. Es gilt als das Meisterwerk des Fin de Siècle. Dabei wurden die Rede und Gegenrede von Mann und Frau, über schuldhaftes Vergehen in einer freien Liebesbeziehung mit der Tristan-Harmonik in homogenem, prächtigem Gesamtklang wunderbar wiedergegeben.
Und dann erlebte man großes Kopfkino: Zuerst nur in den Blechbläsern und schließlich im gesamten Orchester erklang majestätisch das „Bergmotiv“ als man am Gipfel angelangt war. Vor dem eigenen inneren Auge konnte man die imposanten Hochgebirgsgipfel förmlich sehen: Zweifellos der großartig musizierte Höhepunkt einer effektvollen Komposition. Aber auch sonst faszinierte Richard Strauss letzte, monumentale symphonische Tondichtung „Eine Alpensymphonie“, worin der Komponist nicht mit großen Gesten spart: Die erstaunlich, tonmalerische Phantasie mit den alpinistischen wie auch emotionalen Stufen zwischen morgendlichen Aufbruch und spätabendlicher Rückkehr wie auch die im Werk zugrunde liegenden riesigen Spannungsbögen wussten die Musiker des Orchesters mit exzellenten Solisten in den eigenen Reihen unter dem deutschen Dirigenten, in seinem Kernrepertoire, imposant aber auch feinsinnig mit unzähligen Farben und Stimmungen wiederzugeben. Ein Genuss!
Jubelnder Applaus und stehende Ovationen!
Dr. Helmut Christian Mayer
19. Februar 2023 | Drucken
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