Ein Abschiedskonzert mit Gänsehautfaktor: Elisabeth Kulman beim Lisztfestival in Raiding

Xl_kulman-kutrowatz-raiding-10-21 © Lisztfestival

„Es war, als hätt‘ der Himmel die Erde still geküsst“: Ihr Pianissimo war betörend und erzeugte Gänsehaut, als Elisabeth Kulman „Mondnacht“ von Robert Schumann anstimmte. Es erklang als ihr erklärtes Lieblingslied (auch vom Begleiter Eduard Kutrowatz) am Ende eines außergewöhnlichen, ausverkauften Konzertes beim Lisztfestival in Raiding, wo sie schon mehrfach aufgetreten war und bei dem sich im zweiten Teil das Publikum aus einer langen Liste seine Wunschtitel auswählen durfte. Es war ihr Abschiedskonzert hier im Burgenland, das in Wien hat sie ja leider aus Protest wegen den dort geltenden 2-G Regeln abgesagt, denn sie hatte erklärt, ihre Karriere mit klassischer Musik Ende 2021 beenden zu wollen.  Dabei intonierte sie auch „Das Urlicht“ von Gustav Mahler mit inniger, weicher Wärme, das „Ave Maria“ von Franz Schubert betörend schön, das „Gebet“ von Hugo Wolf, „Träume“ aus den Wesendonck Liedern von Richard Wagner wie auch „Guten Abend, gute Nacht“ von Johannes Brahms, bei dem das Publikum sogar mitsingen durfte. Aber auch der Liederfürst Franz Schubert („Die junge Nonne“) und natürlich Franz Liszt durften nicht fehlen, zumal der Abend exakt an dessen 210. Geburtstag, an seinem Geburtsort stattfand. Von ihm erklang unter anderen: „Es muss ein Wunderbares sein.“

Und sie bewies ihre große Vielseitigkeit auch in den jeweiligen Originalsprachen etwa mit Benjamin Britten, Zoltán Kodály, Modest Mussorgski und sogar Eduard Kutrowatz steuerte ein Lied nach einem Text von Christine Nöstlinger bei. Die 48-jährige Burgenländerin wusste bei jedem Lied, die richtige Stimmung zu treffen, von feinster Innigkeit bis zu feurigem Temperament. Verschwenderisch ging sie mit Farben um und nuancierte reichlich bis zum vollen Forte. Und immer betörte sie mit Schönheit und wunderbarer Phrasierung.

Dabei wurde sie von Eduard Kutrowatz, einem der Intendanten der Festspiele, mit dem sie eine lange Zusammenarbeit verbindet, sehr einfühlsam und kongenial am Klavier begleitet.

Stehende Ovationen für einen großartigen und hoffentlich doch nicht endgültigen Abschied einer Ausnahmesängerin von der Klassikbühne.

Dr. Helmut Christian Mayer

| Drucken

Mehr

Kommentare

Loading