„Wer wagt es, Rittersmann oder Knapp, zu tauchen in diesen Schlund?“: Wer kennt sie nicht, die Ballade „Der Taucher“ von Friedrich Schiller aus seiner Schulzeit. Franz Schubert hat sie vertont und daraus fast eine kleine, spannende Oper gemacht. Und sie wirkte umso mehr, wenn sie ein Kaliber wie Michael Volle mit beeindruckender Präsenz bei den Taggenbrunner Festspielen auf der Burg sang. Der deutsche Starbariton wusste mit exemplarischer Wortdeutlichkeit, expressiver Gestaltung und einem unendlichen Nuancenreichtum an Farben und Dynamik die Geschichte eindrucksvoll zu erzählen. Wenn erforderlich, konnte er mit enormer Stimmgewalt aufdrehen aber auch feinste Töne produzieren. Ein Ereignis!
Ein Ereignis waren aber auch die „Lieder eines fahrenden Gesellen“. Eine unglückliche Liebe von Gustav Mahler war der Auslöser für diesen jugendlichen Geniewurf. Mit diesem wohl persönlichsten Liedzyklus hatte der Komponist seine damaligen Gefühle genial in Worte und Noten gesetzt. Innig, seelenvoll, farbenreich, herrlich phrasierend, mit vielen Schattierungen und abgründiger Schwermut: Es mag wohl kaum jemanden im Saal gegeben haben, der dabei keine Gänsehaut bekam, als Michael Volle zu singen anhob. In jeder Phase vermochte der sympathische Künstler genau das zu vermitteln, wovon er sang: von unglücklicher Liebe.
Mehrere Balladen von verschiedenen Dichtern, stimmungsvoll vertont von Carl Loewe, beschlossen den faszinierenden Abend.
Kongenial am Flügel „der“ Liedbegleiter schlechthin: Helmut Deutsch wusste in seiner bescheidenen Art unaufdringlich, einfühlsam, immer mitatmend und mit unzähligen Fassetten zu faszinieren.
Jubel und stehende Ovationen, wofür sich Michael Volle bei allen mit vier Zugaben von Carl Loewe bedankte.
Dr. Helmut Christian Mayer
09. Oktober 2020 | Drucken
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