Es waren einmal zwei Koffer, die wurden vertauscht und ließen einen Edelmann zum Gelegenheitsdieb werden: So beginnt die seichte aber vergnügliche Burleske, eine flotte Verwechslungsgeschichte aus Neapel mit falschen Bräuten und Freiern, die nach etlichen Verwirrungen schließlich zum Happy End führt.
„L’occasione fa il ladro“ (Gelegenheit macht Diebe) des jungen Gioacchino Rossini, in nur elf Tagen komponiert und 1812 in Venedig uraufgeführt, ist eine weitere, neue szensiche Opernproduktion bei den Tiroler Festspielen in Erl: Aus einem bunten Mix aus Alt und Neu sind die vielfach überzogenen, farbenfrohen Kostümen. Knallbunt ist das zweistöckige, modernere, kleine Häuschen mit einer Wendeltreppe und schafft so zwei Spielebenen, die auch emotional das Rauf und Runter der Gefühle symbolisieren sollen. (Die Ausstattung stammt von Daniel Sommergruber.) Hier wird diese einaktige Rarität von Wolfgang Berthold ideenreich, rasant, witzig, teils überdreht verblödelt inszeniert. Auffallend dabei ist die enorme Agilität der Figuren.
Extrem anspruchsvoll gelten die Gesangspartien, die aber überwiegend gut gesungen werden: Barbara Massaro, die darstellerisch etwas hölzern wirkende, "ehescheue“ Berenice changiert gekonnt zwischen nicht immer ganz sauberen Koloraturen in den Arien und schnatterndem Parlando in den Ensembles. Matteo Macchioni wirkt als ihr zugedachter Conte Alberto etwas blass und singt ihn jedoach mit schönem aber kleinem Tenor. Alena Sautier als Ernestina gefällt mit ihrem dunklen, feinen Mezzosopran. Filippo Fontana verfügt als leicht hinterhältiger Edelmann Don Parmenione über einen markanten Buffo-Bariton. Daniele Antonangeli ist ein im Superman-Kostüm herumsausender Diener, der solide singt. Silvano Paolilo ist darstellerisch agil, fast immer präsent und dirigiert auch teils das Orchester, Gesanglich klingt jedoch sein Don Eusebio extrem reif und er fällt stimmlich stark ab.
Das besonders motiviert wirkende Orchester der Tiroler Festspiele Erl unter dem blutjungen, temperamentvollen Steirer Patrick Hahn lässt Rossinis brillante Musik flink und mitreißend dahinrauschen. Dabei sind ihm am selbst gespielten Hammerklavier zwischendurch zum Gaudium des Publikums immer wieder zahlreiche, originelle Musikzitate eingefallen.
Großer Jubel!
Helmut Christian Mayer
04. Januar 2019 | Drucken
Kommentare