Graz: Die Styriarte zeigt ein gagreiches, durchinszeniertes Opernpasticcio von Vivaldi

Xl_jahreszeiten_oper-styriarte-c_nikola_milatovic-6-24-3 © Nikola Milatovic

Es herrscht große Aufregung im Grazer Palais Attems, denn die Kaiserin Maria Theresia hat sich zu einem Besuch angekündigt. Initiiert vom geltungssüchtigen Grafen Attems, den Leonhard Srajer mit der gewünschten Arroganz spielt, sind alle mit den Vorbereitungen und in großer Erwartung dieses hohen Besuchs beschäftigt. Im Palais wird vom Gesinde (HIB-Art Chor unter Maria Fürntratt) das Besteck poliert, die Proben für die am nächsten Abend geplante, neue Barockoper sind in den verschiedensten Etagen im Gange. „Treppauf, treppab“ nennt sich der erste Abend dieser mehrtätigen dauernden „Attems Saga“, eine Geschichte, die sich Thomas Höft als Highlight für die heurige Styriarte, den steirischen Festspielen ausgedacht hat. Und er spielt auch gleich den versoffenen Hofdichter des Grafen. Der Haushofmeister (Matthias Ohner) staffiert die Ehrengäste (aus dem Publikum) aus, der Impresario (Adrian Schvarzstein, der die Sache auch inszenierte) führt das Publikum vom Palais in die Alte Universität, wo die Sänger besetzt werden.

Aber es herrscht auch am nächsten Tag ein ziemliches Chaos, nichts ist fertig, auch als die Oper im Grazer Schauspielhaus beginnen soll. Zu Beginn muss das Publikum immer wieder eine Hymne zum Empfang der Kaiserin üben. Alle Mitwirkenden, auch das Orchester stecken in überzogenen Kostümen der damaligen Zeit. Zu erleben ist dann ein Pasticcio mit Musik von Antonio Vivaldi. Rückgrat sind die populären „Vier Jahreszeiten“, unterfüttert mit Arien und Duetten aus seinen heute nur noch selten aufgeführten Opern, wie etwa „Farnace“, „Giustino“ oder „Griselda“ und ein bisschen Georg Friedrich Händel. Sie werden glasklar und stilsicher auch mit saubersten Koloraturen von Carlotta Colombo (Sopran) und Anna Manske (Mezzosopran) intoniert. Der Tenor Valdemar Villadsen, indisponiert angesagt, singt extrem leise.

Michael Hofstetter und die Attems Hofkapelle sorgen für viel Verve und Wohlklang, als geigerische Solistin gefällt Lisa Tur Bonet mit enormer Virtuosität und auch innigen Tönen.

Und alles ist durchinszeniert. Wiederholt muss das Publikum aufstehen und singen, weil das Erscheinen der Kaiserin angekündigt wird, jedes Mal Fehlanzeige. Graf Attems rezitiert immer wieder von Thomas Höft bewusst platte Gedichte mit verbogenen Reimen zur Jahreszeit passend, seine Schwester, die Gräfin wird von Maria Köstlinger bewusst schrill verkörpert. Sie macht sich auch mit ihrem Liebhaber den auch wunderbar muszierenden Georg Kroneis als George de la Tour über ihren Bruder lustig. Es wird der Neid der Künstler aufeinander ebenso gezeigt wie die Intrigen.

Zu sehen ist ein ironisches Porträt der damaligen Zeit insgesamt mit ständigem teils zu viel Klamauk und Slapsticks von Adrian Schvarzstein, auch bei den Arien vor bewusst kitschigen Landschaftsprospekten der jeweiligen Jahreszeit mit Tänzern, Dienern und Akrobaten. Das hechelt ein menschlicher Hund über die Bühne, ebenso wie blöckende Schafe, Federvieh und sogar ein Eisbär. Wiederholt fällt jemand in den Orchestergraben oder gar in den Zuschauerraum.

Trotzdem ein unterhaltsamer Vormittag, bei dem viel gelacht wird und der vom Publikum mit stehenden Ovationen bedacht wird. Und die Kaiserin kam natürlich nicht.

Dr. Helmut Christian Mayer

 

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