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Hand aufs Herz, aber welcher Musikfreund kennt Anselm Hüttenbrenner? Der in Graz geborene Komponist (1794-1868), der auch in Wien bei Antonio Salieri studierte und hier und dann wieder in Graz wirkte, war ein enger Freund von Schubert und kannte Beethoven recht gut. Er schrieb mehrere Werke, darunter eine Messe pastorale in C-Dur, aber er ist völlig vergessen. Zu Unrecht dachte man sich seitens der Kunstuniversität Graz und weil diese zudem in den Besitz des Autographs dieser Messe gekommen war, entschloss sich das Institut für Alte Musik, ihm und einigen seiner Zeitgenossen, eben jenen, mit denen er Kontakt hatte, einen ganzen Abend zu widmen. Und so umrahmten zwei Teile aus dieser Messe, das Kyrie zu Beginn und das Agnus Dei zum Schluss dieses Konzert. Und dazwischen wurden Stücke gespielt, deren Schöpfer vorerst geheimblieben und die das Publikum erst im Anschluss an das Konzert erraten durfte.
Und man hatte sich für das Konzert im MUMUTH, dem Haus für Musik und Musiktheater der Grazer Kunstuniversität viel Mühe gegeben, und dieses durchinszeniert: Ein Hammerklavier, ein lauschiges Plätzchen mit Gebüsch, ein kleiner Tisch mit vier Notenpulten in der Mitte des György-Ligeti Saals. Rundherum saß an Tischen mit Kerzenständern das Publikum. Auf dem einen Ende des Saals hatte man eine Empore gebaut, am anderen war die Bühne mit großen, goldumrahmten Spiegeln geschmückt. Und auf all diesen Plätzen wurde in unterschiedlichsten Formationen von Studierenden des Instituts für Alte Musik im Orchester oder kammermusikalisch musiziert sowie bei der Messe auch gesungen, wobei die Gesamtleitung Susanne Scholz von diesem Institut als Konzertmeisterin innehatte. Nicht immer erklang auf den historischen Instrumenten alles ganz intonationsrein und sauber aber immer authentisch, stilsicher und mit großem jugendlichem Eifer sowie viel Spielfreude. Und so hörte man auch noch ein Andante con variazioni für Streichquartett von Anselm Hüttenbrenner, aber auch drei Stücke von seinem Lehrer Antonio Salieri, und zwar eine Ouvertüre in D-Dur, ein Menuett für zwei Oboen und Fagott, sowie „Armonia per un tempio della notte“ für Holzbläser. Franz Schubert war mit Variationen über ein Thema für Hammerklavier, Ludwig van Beethoven mit einem Ländler vertreten, bei dem auch getanzt wurde und immer wieder Personen aus dem Publikum aufgefordert wurden, mitzutanzen. Als instrumentale Rarität erklangen auch zwei Csakane (Blockflöten aus dem 19. Jahrhunderts zur Zeit des Biedermeiers) mit einer Biedermeiergitarre von Anton Diabelli.
Viele Bravi!
Dr. Helmut Christian Mayer
08. April 2022 | Drucken
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