Von allen Orchesterliedern, die Richard Strauss in seinem langen Leben geschrieben hat, nehmen die “Vier letzten Lieder” eine Sonderstellung ein. Sie künden von Todesbereitschaft, Stille und viel Zärtlichkeit. Den Jugendstil überwunden kehrte der 84-jährige Meister stilistisch auf die Einfachheit der melodischen Linie zurück und schuf Lieder in meisterlicher Vollendung und von herrlicher Schönheit.
Mit wunderbarer Phrasierung, reich an Nunacen und glasklarer Höhe ihres fein timbrierten Soprans sang Louise Alder diese bei ihrem Liederabend im Grazer Stefaniensaal beim Musikverein, wobei man das allerletzte Lied „Im Abendrot“ allerdings schon berührender gehört hat. Joseph Middleton erwies sich dabei statt eines Orchesters als subtiler Begleiter am Klavier, wobei naturgemäß die vielen orchestralen Farben und Nuancen fehlten.
Zuvor sang die britische Sopranistin noch „Sechs Lieder“ von Edvard Grieg, seiner Frau gewidmet, und „Sieben frühe Lieder“ von Alban Berg sowie fünf feine, impressionistisch angehauchte Lieder aus „Clairières dans le ciel“ von der kaum aufgeführten, französischen Komponistin Lili Boulanger. Wiewohl sie bei einigen derselben manchmal dazu neigte, allzu sehr opernhaft kraftvoll aufzutrumpfen, wusste sie insgesamt damit doch überwiegend zu faszinieren. Auch hier konnte man den britischen Pianist, ein ausgewiesener Spezialist für Liedbegleitung wieder als zurückhaltenden, sich nie in den Vordergrund drängenden, rücksichtvollen Begleiter am Flügel erleben
Für den reichen Applaus des begeisterten Publikums, bedankte man sich mit dem einnehmenden, wunderbaren Lied „Morgen“ ebenfalls von Richard Strauss.
Dr. Helmut Christian Mayer
26. April 2022 | Drucken
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