„Leb wohl, du herrliches, kühnes Kind“: Mit seinem wunderbar weichen, warmen und stimmkräftigen Bariton und mit hochmelodiöser, eleganter Strahlkraft, Bühnenpräsenz und großer Wortdeutlichkeit besang Michael Volle ungemein berührend „Wotans Abschied“ von seiner Lieblingswalküre.Zuvor punktete er schon genauso beim „Einzug der Götter in Walhall“ aus dem „Rheingold“.
Nach Ludwig van Beethovens „Fidelio“ 2020, Giacomo Puccinis „Tosca“ 2021 und Georges Bizets „Carmen“ 2023 kamen heuer die Richard Wagner Fans auf ihre Kosten, denn man führte ein „Best of“ des „Ring des Nibelungen“ auf der Freiluftbühne der Kasemattenauf dem Grazer Schlossbergauf. Auch bei diesem Ring-Konzentrat von drei statt 15 Stunden konnte sich das Publikum auch wieder über ein Staraufgebot erfreuen. Denn die auftretenden Protagonisten waren alle Bayreuth-erprobt und singen auch diesen Sommer alle am Festspielhügel: Mit seinem höhensicheren, hellen Timbre, mit gefühlsvollem Ausdruck und immer mühelos mit allen Spitzentönen faszinierte Klaus Florian Vogt nicht nur mit dem Hit „Winterstürme wichen dem Wonnemond“ als Siegmund, sondern den gesamten Abend, dazu noch erstmalig überhaupt als Loge und auch als Siegfried.Gabriela Scherer konnte als Sieglinde ebenso bei der „Walküre“ auch gemeinsam im Duett mit Vogt mit ihrem feinen, sauberen Sopran punkten. Auch bei diesen beiden Sängern war auch eine vorbildliche textverständliche Diktion vernehmbar. „Starke Scheite schichtet mir dort“: Elena Pankratova faszinierte schließlich als stimmgewaltige Brünnhilde mit allen Spitzentönen und großen Emotionen bei ihrem eindrucksvollen Schlussgesang. Unterstützt wurden die vier von vier jungen Sängerinnen, die die kleinen Partien der Fricka und der Rheintöchter zum Besten gaben.
Bei dieser „Uraufführung“ der „Grazer Fassung“ mit den Höhepunkten von Richard Wagners Tetralogie an nur einem Abend - In Anlehnung an Lorin Maazels „Der Ring ohne Worte“ - präsentieren die Grazer Spielstätten gemeinsam mit derOper Graz zudem auch die spektakulärsten Orchesterstücke aus Wagners Opus summum: Da begann aus dem Nichts der Rhein zu fließen. Da ertönte ein saftiger „Walkürenritt“ wie ein impressionistisches Waldweben“ und aufrauschend „Siegfrieds Rheinfahrt“, sowie ein mitreißender „Trauermarsch“:Mitglieder der Grazer Philharmoniker unter ihrem stets animierenden Marcus Merkel, der auch für diese musikalische Fassung verantwortlich zeichnete, erzeugten vielschichtige Farben, reiche dynamische Abstufungen und eine Klangpracht, wobei einige Unschärfen und Unsicherheiten kaum ins Gewicht fielen. Einziges Manko war allerdings die Balance bei der Verstärkung, bei welcher neben einer teils zu gewaltigen Lautstärke vor allem eine enorme Blechlastigkeit auffiel, was insgesamt auf Kosten der Subtilität ging.
Für die passende szenische Einrichtung dieser semikonzertanten Aufführung mit glaubhaftem und teils durchaus lebhaftem Spiel sorgte einmal mehr Elisabeth Thym. Für die Ausstattung und die stilisierten Kostüme Isabel Toccafondi. Ein großer, verschiedenfarbiger Ring dominierte seitlich die Bühne und leuchtete in verschiedenen Farben ebenso wie die Projektionen im ganzen Raum. Zum Finale schien die gesamte Halle effektvoll zu brennen.
Riesiger Jubel und stehende Ovationen!
Dr. Helmut Christian Mayer
19. August 2024 | Drucken
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