Graz: Wagners „Tannhäuser“ in der Grube

Xl_tannh_user-graz-_c_werner-kmetitsch-10-24-1 © Werner Kmetitsch

Es ist immer wieder für jedes Opernhaus eine Herausforderung, Richard Wagners „Tannhäuser“ auf die Bühne zu hieven. Diesmal wird er als Eröffnungsproduktion am Grazer Opernhaus gezeigt. Teils exquisit sind dabei die sängerischen Leistungen: Allen voran singt die aus Südafrika stammende Französin Erica Eloff  Ensemblemitglied des Linzer Landestheaters, eine fassettenreiche Elisabeth mit feinsten, ungemein berührenden Tönen aber auch jubelndem Ausdruck. Vor allem ihr Gebet im dritten Akt wird zum Ereignis.Nikita Ivasechko ist ein edler, schön- und warmstimmiger Wolfram mit großer Innigkeit. Mit wunderbaren Phrasierungen und großer Wärme hört man die Venus der Mareike Jankowski  im hautengen, weißen Glitzerkleid, die später auch zweifach gedoubelt wird. Wilfreid Zelinka hört man als Landgrafen mit noblem Timbre. Diese drei und auch die kleineren, adäquat besetzten Partien sind Ensemblemitglieder des Grazer Opernhauses. Und Tannhäuser? Samuel Sakker  spielt ihn als intensiv leidenden, teils tobenden Schmerzensmann. Der australische Tenor singt ihn mit viel Tremolo und außer einigen, gelungenen Spitzentönen angestrengt, mit fast gequälten, rauen und sehr kehligen Tönen. Mit exemplarischer Ausgewogenheit singen hingegen der hauseigene Chor, verstärkt durch den Philharmonia Chor Wien (Einstudierung: Johannes Köhler), die zum Finale auch eindrucksvoll mächtig von der Galerie zu hören sind.

In einer Dresdner/Pariser Mischfassung wird vom Grazer Philharmonischen Orchester unter dem umsichtig dirigierenden Vassilis Christopulos mit flimmernden, sinnlich erregten, aber auch weihevollen Klängen und ausgewogener Balance musiziert. Nur manchmal hätte man sich etwas aufregendere Töne gewünscht.

Hingegen ist man szenisch, wie leider sooft in letzter Zeit, vor allem zu Beginn wieder mit wenig Ästhetischem konfrontiert:  Denn da klafft ein tiefes Loch, offensichtlich die Venusgrotte auf der Bühne inmitten einer düsteren Halle (Christian Schmidt). Es ist zugemüllt mit einem völlig ramponierten Klavier, unzähligen, mit Mist gefüllten Plastiksäcken, die der verwahrloste Titelheld mit langen, wirren Haaren wütend herumschleudert und denen er Fußtritte verpasst. Er selbst schläft wie ein Sandler auf einer schäbigen Matratze. Neonröhren verströmen ein fahles Licht. Eine lange Metallstiege führt ins Freie. Eine Verwandlung findet allerdings nicht statt. Alles im ersten Akt spielt in dieser Grube. So beginnt das Werk in der Sichtweise von Evgeny Titov, in Kasachstan geboren, einem hochgehandelten Regisseur, der international Karriere macht. Und siehe da, nach all dieser Hässlichkeit ist die Grotte im zweiten Akt aufgeräumt, die im Hintergrund befindliche Halle strahlt in voller Ästhetik, auch die heutigen Abendroben (Esther Bialas) sind jetzt voller Eleganz. Allerdings sind wir im Finale wieder in der Grube voll Düsternis. Ziemlich konventionell ist die Personenführung geworden und die Geschichte wird verständlich erzählt.

Großer Jubel!

Dr. Helmut Christian Mayer

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