Linz: "Der Findling" von Hummel und Oswell - Klangmächtige Oper über Anton Bruckner

Xl_findling-achrainer-linz-6-24-1 © Reinhard Winkler

Ein Mann steht regungslos zwischen Orgelpfeifen. Ganz leise, tiefe Töne der Orgel ertönen, Glocken läuten sanft. Plötzlich setzt donnernd das volle Orchester ein. Der Mann zuckt zusammen und bewegt sich ruckartig. Es ist Anton Bruckner: So eindrucksvoll beginnt die Oper „Der Findling“ im Alten Dom zu Linz, wo der oberösterreichische Komponist etwa 15 Jahre als Organist tätig war und bekannterweise selbst keine Oper schrieb. Jetzt, im Jubiläumsjahr zum 200. Geburtstag gab es als Auftragswerk des Linzer Landestheaters immerhin eine Oper über ihn. Die Musik schuf Franz Hummel, die von dessen Schülerin und Frau Susan Oswell nach dessen Tod 2022 vollendet wurde. Das Libretto stammt von Hermann Schneider, dem Intendanten des Linzer Landestheaters. Der Text selbst war leider auf Grund der halligen Kirche schwer verständlich und wirkt teils recht abstrakt ohne eigentliche Handlung. „Eigentlich habe ich - was manche jetzt ‚groß‘ nennen – nur fertiggebracht, weil ich von Jugend an Ehrfurcht gehabt habe vor allem Echten und Heiligen“: ist ein Kernsatz.

Der Findling, also ein von Gletschern fortbewegter Gesteinsblock, stellt eine Metapher für Bruckner dar. Hier am Rande einer Flusslandschaft trotzt der Fels der Zeit. Gezeigt wird keine Biographie über Bruckner, sondern in verschiedensten Szenen anhand von Naturschilderungen wie einem Fluss mit einem Fährmann, einem Gebirge, einem Turm und einem vogelartigen Zwerg aber auch unter Einbeziehung ländlicher Überlieferungen und Mystik Gedanken und Lebensstationen des schüchternen Sohnes eines Dorfschullehrers, der sich gesellschaftlich nie richtig integrieren konnte.

Im Dom mit einem kreuzförmigen Steg, der den Altarraum und den Gang zwischen Kirchenbänken einbezieht und als Auftrittsfläche dient, wird in der kreativen Regie von Lukas Hemleb eindrucksvoll agiert, choreographisch unterstützt von der Gruppe „Tanz Linz“ und von beeindruckenden Videos etwa von Wasser, Feuer, Sternen am Hochaltar.

Untadelig sind auch die Gesangssolisten, die in irgendeiner Form alle Antons sind, denen keinerlei Namen, sondern meist nur Buchstaben zugeordnet sind, zu vernehmen: Martin Aichrainer als X trifft die Hauptlast als souveräner Sänger und Bruckner-Darsteller. Gotho Griesmeier und Manuela Leonhartsberger als „Gesellen“, Matthäus Schmidlechner mit hellem, höhensicherem Tenor, ab nächster Saison an der Wiener Staatsoper engagiert, sowie Dominik Nekel als profunder, wohltönender Bass. Allein vier, klangvoll singende Chöre (des Hauses, Kinder- und Jugendchor) sind auf den Seitenemporen situiert und erzeugen gemeinsam mit dem Brucker Orchester Linz ein Klangbad.

Dieses spielt auf der Orgelempore hochdifferenziert sowie breitaufgefächert und wird souverän geleitet von Markus Poschner.  Einige, teils mit Neuem verfremdete Zitate aus Bruckners Symphonien vernimmt man in der sehr stimmungsvollen und teils mächtigen Musik mit strahlenden Bläserchören und einer machtvollen Orgel (großartig gespielt vom Domorganisten: Bernhard Prammer), die aber auch nicht vor Dissonanzen zurückschreckt. Es gibt aber auch Momente des Innehaltens, der Mediation.

Großer Jubel!

Dr. Helmut Christian Mayer


 

 

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