Schon beim Einlass liegt er rücklings am Bühnenrand, einen Fuß lässt er in den Orchestergraben hängen: Es ist Aton, der erfolglose, junge, slowenische Komponist und Geiger, frustriert, dass seine Werke nicht aufgeführt werden. Aber dann erscheint eines Nachts Ariana vom Planeten Laxena und erzählt ihm, dass ihre Welt zerstört wurde, indem den Bewohnern von einem Nachbarplaneten die Energie entzogen wurde. Um die Erde auch davor zu retten, müsse er nun einen heilenden Klang, eine universelle Schwingung finden, mit der die Menschen eine Parallelwelt sehen können, was ihm letztlich auch gelingt. Das ist die Handlung oder besser Nichthandlung von „The Sound“, der ersten Oper von Rok Golob, der auch das, immer wieder existenzielle Themen aufwerfende Libretto gemeinsam mit Gino Vanelli verfasste und die jetzt am Laibacher Opernhaus uraufgeführt wurde. Denn ein Handlungsstrang ist in dieser zwischen Realität und Vision angesiedelten Oper kaum erkennbar: Die dunkle, leergeräumte Bühne wird mit Projektionen von großen Planeten, Sternen, abstrakten, teils geometrischen Figuren im Hintergrund illustriert (Darjan Mihajlovic Cerar). In wallende, weiße Gewänder gehüllte Figuren schreiten in der Inszenierung von Jaša Koceli bedeutungsvoll mit ein- und ausschaltbaren Laternen herum. Einmal werden sie von dunkleren Gestalten mit Leuchtschwertern wie jenen der Jedi-Ritter bedroht. Beeindruckend erweist sich hingegen das ständig tanzende Bewegungsballett des Hauses (Choreographie: Tajde Podobnik). Zugegeben, es sind sehr ästhetische, kosmisch wirkende Bilder, bei der auch die Hebebühne öfters im Einsatz ist, aber auch für eine nur 90-minütige Dauer des Stücks doch recht gleichförmig und ermüdend.
So stellt sich auch die Musik dar: Von Anfang merkt man, dass der völlig in der Tonalität verhaftete Rok Golob aus dem Pop und Jazz-Bereich kommt, wiewohl er bereits in allen Genres (auch in der Klassik) mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Kompositionen vorgelegt hat. Man vernimmt meist einfache Motive, wiederholende, teils jazzige Themen in einfachen Strukturen, teils rhythmisch orientiert, vielfach kuschelweich und teils am Kitsch vorbeischrammend. Nur manchmal werden die sehr bekömmlichen Klänge martialisch und mächtig. Erinnerungen an diverse Musicals, an Orffs „Carmina burana“ aber auch an die Minimalmusic werden wach. Sie werden vom Orchester der Laibacher Oper hochambitioniert mit eigenen Solisten in den Proszeniumslogen, wobei vor allem der Konzertmeister mit schönen Soli hervorsticht, unter Simon Dvoršak souverän musiziert. Bei den wenigen, alle verstärkt singenden Protagonisten gefällt Gregor Ravnik als Aton mit feinem Tenor sowie Urška Arlič Gololičič als Ariana mit klarem Sopran. Hauptakteur ist aber der fast permanent und sehr homogen singende Chor des Opernhauses von Laibach. Gesungen wird auf Englisch, eine Nummer auf Slowenisch, meist jedoch in Vokalismen oder in einer Phantasiesprache.
Dr. Helmut Christian Mayer
24. Mai 2022 | Drucken
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