Aufreizend naiv und volksliedhaft ist die musikalische Bilderwelt der in Maiernigg am Wörthersee in Kärnten, dem südlichsten österreichischen Bundesland, fertig gestellten 4. Symphonie: Denn eine malerische Villa direkt am See samt einem Komponierhäuschen waren für mehrere Jahre das Sommerdomizil von Gustav Mahler. Jetzt wurde diese Mahler‘sche Bilderwelt beim Orchester des Teatro la Fenice Venedig unter dem stets animierenden und immer wieder sehr sensibel agierenden Antonello Manacorda ungemein subtil und weidlich ausgekostet: Fabelhaft waren die solistischen Einlagen in allen Instrumentengruppen, wobei besonders der Konzertmeister Enrico Balboni mit seinen Violinsoli auffiel. Abgesehen von einigen verwackelten Einsätzen wurde mit reichen Klangfarben, vor allem im wunderbaren, ruhevollen aber auch leidenschaftlichen Adagio, einem der eindrucksvollsten, langsamen Sätze Mahlers musiziert, der mit seiner abgeklärten Stimmung faszinierte. Packend war, wie sich hier zum Schluss die lange aufgebaute Spannung in einem Aufschrei mit rauschenden Streicher- und Harfenklängen entlud.
Viele Fassetten ihres Könnens zeigte Carmela Remigio mit ihrem schöngefärbten, leichten, klaren und vor allem absolut höhensicheren Sopran: Die italienische Sängerin sang leider nicht besonders textverständlich „Das himmlische Leben“, jenes kindliches Lied dessen Text aus der Sammlung von den Volksliedtexten aus „Des Knaben Wunderhorn“ stammt“, im vierten Satz.
Musiziert wurde leider wieder per Stream gänzlich ohne Publikum im Parkett des prachtvollen Teatro la Fenice, im Herzen Venedigs. Mit großen Abständen zwischen den Musikern erklang das Werk, mit Plexiglas zwischen den Bläsern, die als einzige, und natürlich auch die Solistin ohne Mund-Nasenschutz agieren durften.
Dr. Helmut Christian Mayer
21. Februar 2021 | Drucken
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