Maribor/Marburg: Puccinis „Tosca“ fast wie ein Horrorfilm

Xl_tosca-marburg-5-24-7 © Opernhaus Maribor

Bleich im Gesicht, weiß die Haare, ganz in Schwarz gewandet, umgeben von seinen Schergen mit langen, schwarzen Mänteln und Zylindern ausstaffiert und in dichten Nebel gehüllt: Wie in einem Horrorfilm lässt Pier Francesco Maestrini den römischen Polizeichef Scarpia furchterregend, musikalisch umrahmt von dem wuchtigen „Scarpia-Motiv“ erstmalig in Giacomo Puccinis „Tosca“ am Opernhaus Maribor/Marburg,  der zweitgrössten Stadt von Slowenien, erscheinen. Und passend dazu zieht beim darauffolgenden „Te Deum“ der bleiche und glatzköpfige Chor mit eckigen Bewegungen wie eine Gruppe Untoter vorbei. Auch Scarpias, jetzt in knalligem Rot, luxuriös überladene, aber düstere Räumlichkeiten im zweiten Akt mit den Totenköpfen als Kerzenhalter ähneln eher einem Gruselkabinett als einem Prunkraum im Palazzo Farnese (Szene: Matic Kašnik). Wobei die Kulissen immer mit Projektionen der jeweiligen Örtlichkeiten eindrucksvoll illustriert werden. Gespielt wird in historisierten Kostümen. Die Personenführung selbst ist konventionell und immer hart am Libretto und an der Musik.

„Vittoria, vittoria!“: Strahlend, mühelos, kraftvoll schmettert er die extremen Spitzentöne und die Freude über den Sieg Napoleons bei der Schlacht von Marengo hinaus, bevor er von den Schergen des wütenden römischen Polizeichefs in die Todeszelle weggeschleppt wird. Dieser Cavaradossi von Mikheil Sheshaberidze verfügt über viel Schmelz, reiche Emotionen und mühelsoe Höhen. Aber auch sonst wartet man musikalisch (ebenso wie bei den kleineren Rollen und beim Chor des Marburger Opernhauses) mit respektabler Qualität auf: Luka Brajnik ist ein kraftvoller Scarpia mit ausgezeichneter Artikulation, der allerdings sehr eindimensional in Farben und im Einheitsforte singt. Rebeka Lokar singt eine Titelheldin mit mächtigen Tönen, allerdings reifem Timbrei und reichem Vibrato, was besonders bei ihrem Gebet "Vissi d'arte" besonders störend wirkt.

Wiewohl manches noch ausgereizter und geschärfter erklingen könnte, versteht es Gianluca Martinenghi im Orchester der Marburger Oper durchaus spannende Momente aber auch duftige Klangschönheit und durchhörbare Zartheit zu erzeugen.

Viel Applaus!

Dr. Helmut Christian Mayer

 

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