Massenets „Manon“ in Wien: Sängerisch reiches französisches Parfüm

Xl_manon-grigolo-mkhitaryan__c__michael_poehn-11-24-1 © Michael Pöhn

In der Wiederaufnahme der Inszenierung aus 2007 von Jules Massenets Oper „Manon“ an der Wiener Staatsoper verlegt Andrei Serban die Geschichte nach dem Buch vom Abbe Prevost aus dem 18. Jahrhundert ins Paris der Zwischenkriegszeit und zeigt ein dunkles Gangsterepos teils im Rotlichtmilieu, in dem immer wieder mit Pistolen herumgefuchtelt wird und sonnenbebrillte Typen auftauchen. In einer dunklen, nicht besonders ansprechenden Kulisse mit billig wirkender Ausstattung (Peter Pabst) sieht man ständig unsinnig herumstehende Pappfiguren, sinnlos herumturnende Personen oder solche, die in ihrer Bewegung grundlos erstarren, und auch Projektionen, den Bahnhof, das Kloster oder das Vergnügungsviertel darstellend. Zudem gibt es viele lächerliche, verzettelnde Details dafür außer bei den Protagonisten keinerlei psychologische Deutung.

Dafür wird sängerisch stark gepunktet: „Je suis seul…“: Mit dieser, seiner bekanntesten Arie als angehender Abbé im Kloster singt Vittorio Grigolo den Chevalier des Grieux mit viel Schmelz, feinsten Piani und exemplarisch ungefährdeten Höhen. Wie schon öfters erlebt, so agiert der italienische Tenor auch diesmal wieder darstellerisch gestisch recht überzogen. „Adieu, notre petite table“: Jene bekannte Arie, wo Manon von ihrem winzigen Tischchen ihres Liebesnests in der kleinen Pariser Garconniere Abschied nimmt, gelingt Kristina Mkhitaryan sehr zart und berührend. Auch sonst kann sie mit flexiblem und sauberem Sopran als Titelfigur überzeugen und mit tadellosen Spitzentönen beeindrucken. Sie lässt sie auch erotisches Verführertum und Koketterie nicht vermissen. Auch ihre Wandlung von der naiven Landpomeranze zur luxusliebenden Großstadtdame gelingt ihr großteils glaubhaft darzustellen. In ihrer Sterbeszene zum Finale lässt von beiden Protagonisten großes Gefühlstheater aufkommen.

Der dritte Rollendebütant an der Wiener Staatsoper heißt Mattia Olivieri.  Er ist ein quirliger, schmieriger und korrupter Lescaut, Manons Bruder, und singt ihn mit hellem, kernigem Bariton. Dan Paul Dumitrescu singt, wie schon 2007 einen noblen Grafen des Grieux, den Vater des Chevaliers. Thomas Ebenstein als auffallend junger Guillot de Morfontaine und Martin Häßler als Brétigny singen tadellos und spielen diese Typen wie gewünscht fies. Makellos singen auch Ileana Tonca als Poussette, Alma Neuhaus als Javotte und Teresa sales Rebordao als Rosette. Der sehr spielfreudige Chor der Wiener Staatsoper (Einstudierung: Thomas Lang), der teils in den Orchestergraben verbannt ist, klingt sehr homogen und kraftvoll.

Durchaus emotions- und nuancenreich wird im Orchester der Wiener Staatsoper unter dem sehr routiniert wirkenden Emmanuel Villaume musiziert. Manchmal hätte man sich jedoch auch feinsinnigere Töne gewünscht.

Kurzer, heftiger Applaus!

Dr. Helmut Christian Mayer

 

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