Monteverdis "Poppea" in Budapest in einer modernen Fassung

Xl_poppea-budapest-stream-3-21-10 © János Kummer-Ungarische Staatsoper

Dass die Liebe alles besiegt, darauf wettet im Prolog Amore.  Und er soll Recht haben, denn nicht erst zum Finale ist jedem klar, dass Vernunft und Moral gegen Macht und Eros nichts auszurichten vermögen: Von diesem zeitlosen, topaktuellen Thema handelt „L´incoronazione di Poppea- Die Krönung der Poppea(Uraufführung: 1642) von Claudio Monteverdi, die jetzt als letzte der drei erhaltenen Opern des Komponisten von der Ungarischen Staatsoper in Budapest in den Eiffel Arts Studios aufgeführt wurde.

Das Problem jeder Aufführung der „Poppea“ besteht darin, dass die Oper lediglich in zwei kargen Abschriften aus Neapel und Venedig erhalten ist. Und Monteverdi dürfte auch nicht völlig allein an der Komposition gearbeitet haben, sondern, wie es damals üblich war, von seinen Schülern unterstützt worden sein. Das aber bedeutet für eine Aufführung, eine eigene Instrumentation und Harmonisierung zu schaffen. Und diese Aufgabe fiel dem jungen ungarischen Komponisten Máté Bellas (1985 geboren) zu, dessen neue Orchestrierung die ursprünglichen Rezitative nicht veränderte. Von den seit 1904 entstandenen zwölf Rekonstruktionsversuchen von Monteverdis Partitur, griff Bellas auf die kritische Ausgabe des italienischen Komponisten und Musikwissenschaftlers Gian Francesco Malipiero von 1931 zurück. Er komponierte für die Aufführung jedoch neue Ritornelle und ein Jazzquintett für Trompete, Tenorsaxophon, Kontrabass, Klavier und Schlagzeug, welches von Kornél Fakete-Kovács arrangiert wurde. So hört man das Werk mit zeitgenössischen Elementen verfremdet, hauptsächlich angereichert mit rhythmisch swingenden Jazz-Elementen, teils aber auch mit trivial klingenden Tönen. Überwiegend ist dem Komponisten aber doch eine interessante moderne Neuinterpretation gelungen. Dem Dirigenten Gergely Vajda wiederum gelingt es, diese beiden nur scheinbar konkurrierenden Musikensembles, nämlich das Orchester der Ungarischen Staatsoper sowie das Kornél Fekete-Kovács Quintett, gekonnt als eine musikalische Einheit vorzuführen.

Die dreiaktige Oper wurde radikal auf gut zwei Stunden gekürzt. Moderne Kunststoffpodien in verschiedenen Farben, ein aufblasbares Seepferdchen, eine purpurne Matratze als Liebesnest, ein Regenbogen und jede Menge Luftballons als Sinnbild für Allegorien (Bühnenbilder: Lili Izsák). In diesem fast kitschigen Ambiente lässt Regisseur András Almási-Tóth die zeitlose Geschichte um Liebe, Intrige und Eifersucht spielen, wobei Krisztina Lisztopád die Protagonisten, mit Ausnahme der Allegorien, in heutige Kostüme steckte, spielen. Später sieht man noch vielen Personen vorne auf Hockern sitzen.

Alle Sänger bewegen sich auf den verstreuten Bühnenteilen und zwischen dem Publikum. Bori Keszei ist eine hinreißende, erotische und ehrgeizige Poppea mit hellem Sopran, und, obwohl noch verheiratet, wild entschlossen, an der Seite ihres Geliebten Kaiserin zu werden. Ihr Geliebter ist Tibor Szappanos ein würdevoller Kaiser Nero, ebenfalls noch verheiratet, mit höhensicherem Tenor. Als verstoßene Gattin Octavia hört man Andrea Szántó mit warmem Mezzosopran. Krisztián Cser verkörpert Ottone mit kernigem Bass. Eszter Zemlényi singt die Drusilla mit leichtem Sopran. Péter Fried ist ein zwar würdig wohlklingender Philosoph Seneca allerdings mit leichten Intonationsproblemen. Mária Farkasréti in der komischen Rolle der der Amme Octavias und Bernadett Wiedemann als Poppeas Vertraute Arnalta gefallen ebenso. Von den drei Allegorien sticht ganz besonders Countertenor Zoltán Daragó als Amore hervor. Auch die vielen kleineren Rollen, teilweise Studenten, sind alle ideal besetzt

Dr. Helmut Christian Mayer

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