Mozarts „Le nozze di Figaro“ in Klagenfurt: Ein kurzweiliger, toller Tag

Xl_figaro-klagenfurt-11-21-1 © Helge Bauer

Es ist ein Schloss aus Kärnten, das gleich bei der Ouvertüre zu sehen ist. Die Projektionen zeigen es aus den verschiedensten Perspektiven von außen und von innen. Man sieht einen Flur, Fenster, Gemälde, einen Festsaal mit Kamin und Spiegel, der dann stilisiert den dritten Akt dominiert und ein winterliches Gartenlabyrinth, dass zum Finale als abstrahierten Irrgarten zu sehen ist: Es ist das Schloss Rosegg, das dem Ausstatter Dietrich von Grebmer als Inspirationsquelle für das Bühnenbild diente. Und so kann man von diesem Anwesen immer wieder Elemente mehrheitlich der Innenräume auf der Bühne erschauen. Die angedeuteten, geschmackvollen, stilisierten Räume sind alle durchschaubar, so dass jeder jeden ständig beobachten kann. Dabei misstraut auch jeder jedem, denn die gefühlsmäßigen Verwirrungen aller Protagonisten sind omnipräsent: In diesem optisch gelungenen Ambiente hat Brigitte Fassbaender Wolfgang Amadeus Mozarts „Le nozze di Figaro“ am Stadttheater Klagenfurt mit leichter Hand, kurzweilig und sehr durchdacht inszeniert. Die ehemalige Weltklasse-Mezzosopranistin, die jetzt schon an vielen Häusern inszeniert,lässt die turbulente Vorlage „Der tolle Tag“ von Beaumarchais in modernen Kostümen zeitlos (siehe „MeToo“) im Heute spielen. Das heitere Intrigenspiel über den temperamentvollen Kampf zwischen Machtmissbrauch und Vernachlässigung von Prinzipien präsentiert sich mit immenser Vitalität, charmantem Witz ohne in platte Gags abzugleiten, und ist dabei immer klar und nachvollziehbar. Fassbaender erfindet auch in den anderen Räumen, wo Personen anwesend sind, die normalerweise nicht auf der Bühne stehen, viele Nebengeschichten, die keineswegs ausufern, sondern belebend wirken.

Spielfreudig ist das gesamte Ensemble, bei dem es pandemiebedingt zu einer kurzfristigen Umbesetzung kam. Aber Wilfried Zelinka, langjähriges Ensemblemitglied und Stütze der Grazer Oper, erweist sich als wackerer, bravouröser Einspringer des Figaro, der auch darstellerisch ungemein lebendig agiert und sich trotz kurzer Probenzeit bestens in die Produktion eingefunden hat Germán Enrique Alcántara. singt den Grafen Almaviva mit weichem Bariton und spielt ihn gekonnt als eitler Gockel, der hinter jedem Rockzipfel her ist und auch ganz gerne grapscht, dann aber auch als jähzorniger Zornpinkel. Dara Savinova ist ein idealer Cherubino mit schönem Mezzosopran. Sarah Gilford gibt eine quirlige, entzückende aber etwas leichtstimmige Susanna. Wiewohl Matilda Sterby über einen schönen Sopran verfügt, und es ihrer Gräfin auch nicht an Gefühlstiefe und wunderbareren Phrasierungen fehlt, neigt sie zeitweise dazu allzu scharfe Tönen anzustimmen. Christa Ratzenböck ist eine köstliche Marcellina mit viel Humor, Benjamin Bloomfield  ein solider Bartolo Thomas Tischler ein etwas schmalbrüstiger Basilio. Lisa Marie Lebitschnig ist eine burschikose Barbarina, stets bewaffnet mit einem Handy, die sie mit ihrem leichten Sopran fein singt. David Jagodic (Don Curzio) und Josef Pepper (Antonio) vervollständigen die gut besetzte Sängerschar. Der auch sehr spielfreudige Chor des Stadttheaters (Einstudierung: Günter Wallner) singt sehr homogen und klangschön.

Vital, akzentuiert und duftig tönt es aus dem hochgefahrenen Graben: Bis auf wenige Details weiß das Kärntner Sinfonieorchester unter dem engagiert gestaltenden Chefdirigenten Nicholas Milton mit zugespitzten Tempi und frischer Lebendigkeit zu erfreuen. Viel Applaus!

Dr. Helmut Christian Mayer

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