Neueröffnung des renovierten Musiktheaters an der Wien mit einer bunten, revueartigen Operettenrarität von Strauss

Xl_spitzentuch_der_k_nigin-c_werner_kmetitsch-wien-1-25 © Werner Kmetitsch

Endlich ist es soweit: Alles erstrahlt in neuem Glanz, innen wie außen. Denn der Umbau des ehrwürdigen Gebäudes des Theaters an der Wien aus 1801 ist nach zweijähriger Umbauzeit abgeschlossen. Das goldene Bühnenportal wirkt aufpoliert, der rote Vorhang ist neu so wie das Foyer und die Pausenräume. Nach einigen konzertanten Aufführungen fand man nun eine passende szenische Eröffnungsproduktion für das Haus. Da gerade eben das Jubiläumsjahr von Johann Strauss (Sohn) begonnen hat - es gilt den 200. Geburtstag des großen Operettenkomponisten zu feiern – grub man eine seiner Operettenraritäten aus, um sie im neu restaurierten Haus szenisch aufzuführen. Die Wahl fiel auf „Das Spitzentuch der Königin“, ein Werk, das zudem noch in exakt diesem Theater 1880 umjubelt uraufgeführt wurde. Damals wurde es auch vielfach nachgespielt, geriet aber dann bald in Vergessenheit. Irgendwie verständlich, denn die Handlung ist dürftig und die Musikhits sind auch anderwärtig bekannt, denn diese hat der Komponist konzertant umgearbeitet. Man bringt die bekannten Ohrwürmer auch nicht mit diesem Stück in Verbindung, wie etwa den Walzer „Rosen aus dem Süden“. Insgesamt ist die Musik ideenreich, schwungvoll und vergnüglich.

Die Rarität handelt von einem schwachen König, der nur ans Essen denkt und einer von ihm vernachlässigten, frustrierten Königin, einem machtgierigen Premierminister, einigen Hofschranzen und dem intellektuellen Dichter Miguel de Cervantes, der aus Spanien herübergeflohen ist, und Widerstand gegen das Regime leistet: Es ist eine richtige Operettenparodie á la Offenbach über den aufmüpfigen Kronprinzen Rudolf. Um der Zensur zu entgehen, wurde die Handlung kurzerhand nach Portugal verlegt.  

Ein riesiges, sich immer wieder drehendes, reich dekoriertes und buntes Karussell beherrscht die Bühne und deckt im Drehmodus alle möglichen Spielorte ab. Das Auge erfreut sich auch an fantasievollen Kostümen (Ausstattung: Timo Dentler und Okarina Peter). Regisseur Christian Thausing hat in diesem Umfeld ein richtiges Operettenspektakel mit viel Witz und Ironie kreiert, wobei die exzellente Choreographin Evamaria Mayer noch für zusätzlichen Schwung sorgt. Alles dreht sich unentwegt. Rund herum gibt es zusätzlich noch einen Karneval der Tanztiere mit Nashorn, Hund, Fuchs, Affe, Frosch und Zebra, die unentwegt herumschwirren. Und zwar nicht nur in jener Szene, in der sie von einem Ballettfrosch dirigiert wird. Es herrscht Farbpracht. Bezaubernd auch die restliche Ausstattung, etwa eine Kutsche, die von hölzernen Pferden gezogen wird. Am Ende jedenfalls hebt sich das Dach des Ringelspiels, mutiert zum Windrad einer Mühle, offenbar in Anspielung an „Don Quichotte“. Thausing führt sein Personal präzise und setzt die Anspielungen auf Mozart-Opern in der Handlung auch szenisch um.

Die Sänger singen seltsamerweise alle verstärkt. Der kleine, dick ausstaffierte König wird mit der Mezzosopranistin Diana Haller besetzt, manchmal etwas schrill in der Höhe, doch meist stimmschön und verfressen komisch. Elissa Huber ist die großgewachsene, sexy Königin mit guten stimmlichen Qualitäten, die oft auf komische Art, ihre Nerven verliert. Beate Ritter ist eine gute Koloraturperle. Regina Schörg als liebessüchtige Marquise von Villareal singt solide, hat aber in István Horváth als Sancho Pansa einen tenorschönen Liebhaber-Komiker. Die komischste Rolle des Abends gehört dem Intriganten und machtverrückten Premierminister Graf Villalobos, eine Figur wie Metternich, den Michael Laurenz voll ausspielt und in ein intrigantisches Duell mit dem Dichter Cervantes gerät. Dazu passt es sogar, wenn seine Stimme schneidend ist. Leider viel zu kurz darf sich Alexander Strömer als zweiter Intrigant dazu gesellen. In der wichtigen Rolle des wendigen Senor Cervantes macht Maximilian Mayer sehr gute auch stimmliche Figur.

Neben den Tänzern haben die unersetzlichen Singschauspieler des Arnold Schoenberg Chors wieder einmal eine bravourös gemeisterte Riesenaufgabe, und das Wiener Kammerorchester unter der von Leitung von Martynas Stakionis servier die Musik und deren Ohrwürmer mit Schwung und Präzisiont.

Viel Applaus!

Dr. Helmut Christian Mayer

 

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