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Unglaubliche 657 Aufführungen hat diese beinahe schon „antike“ „Tosca“ von Giacomo Puccini in der Regie von Margarethe Wallman an der Wiener Staatsoper auf ihrem Buckel. Gespielt wird sie hier schon seit 67 Jahren und ist eigentlich ein Monument. Die Premiere dieser Inszenierung fand am 2. April 1958 statt, mit keinem Geringeren als Herbert von Karajan am Pult und der legendären Sopranistin Renata Tebaldi als Titelhelden sowie Giuseppe Zampieri als Cavaradossi wie auch Tito Gobbi als Scarpia. Sie hat zwar insgesamt schon etwas Staub angesetzt. Aber sie funktioniert immer noch, ist eigentlich einfach, völlig konventionell und traditionell konzipiert und ist aus diesen Gründen, sehr repertoiretauglich und nicht umzubringen. Dafür sorgen auch die traditionellen, luxuriösen Bühnenbilder, wie die Kirche Sant’ Andrea della Valle des ersten Aktes, die Räumlichkeiten des Barone Scarpia im Palazzo Farnese und die Plattform der Engelsburg, die immer noch von beeindruckender Wirkung sind. Man kann nur hoffen, dass diese beim Publikum so sehr beliebte Produktion noch weiter im Repertoire bleibt und nicht durch eine sogenannte „moderne“ Neudeutung ersetzt wird, denn sie ist auch bei der laufenden Serie wieder einmal komplett ausverkauft.
Dafür sorgen aber auch in erster Linie das hochkarätige Gesangsensemble: Piotr Beczała singt als eine seiner Paraderollen den Cavaradossi mit großer Italianità, Energie, Farbenreichtum und mit geschmeidigem Legato. Auch alle Spitzentönen erklingen mühe- und makellos. Völlig ungetrübt hört man etwa auch seine „Vittoria“ Rufe. Nach seiner beliebten Arie „E lucevan le stelle“ tobt das Publikum so lange, bis der aus Polen stammende Tenor, der kürzlich die österreichische Staatsbürgerschaft bekam, sie wiederholt und sogar noch etwas eindrucksvoller singt.
Sonya Yoncheva ist auch optisch eine Tosca wie aus dem Bilderbuch. Bruch- und anstrengungslos fließt ihr facettenreicher Sopran und berührt ungemein, vor allem bei ihrer Paradearie „Vissi d’arte“ im zweiten Akt, in der sie ihr Leben besingt. Diese wird zu einem der wahrhaftigsten Momente dieser Aufführung. Sie spielt die Rolle auch ungemein nuancenreich: Erregt, herrisch als eifersüchtige Diva aber auch als bittende und verzweifelte Frau sowie als durchaus brutale Mörderin.
Ambrogio Maestri ist ein zu wenig böser Scarpia. Sein fast gemütlicher aber doch hinterlistiger römischer Polizeichef klingt manchmal fast zu schön, hin und wieder dann doch etwas brutal. Es gelingt ihm, selbst im „Te Deum“ trotz des vollen Orchesters und des sehr homogen singenden Chores der Wiener Staatsoper (Einstudierung: Martin Schebesta) nicht unterzugehen.
Die kleineren Partien sind eigentlich alle gut besetzt: So gefallen Attila Mokus als nachdrücklicherund leidender Cesare Angelotti und Andrea Giovannini als Spoletta, Dan Paul Dumitrescu ist zwar kein komischer aber stimmlich ein idealer Mesner.
Routiniert leitet Pier Giorgio Morandi das Orchester der Wiener Staatsoper. Wenn es drauf ankommt, weiß er mit nötigem Zupack spannende Ausbrüche aber auch klangschöne und zart gefühlvolle Momente zu erzeugen.
Riesiger, langanhaltender Applaus!
Dr. Helmut Christian Mayer
17. Februar 2025 | Drucken
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