Riccardo Muti dirigierte in Turin: Ätherische musikalische Schlussworte von Verdi

Xl_muti-turin-todd_rosenberg-3-21 © Todd Rosenberg

Mit etlichen Steigerungen erreichen Chor und Orchester einen strahlenden Höhepunkt. Jäh bricht dieser ab. Ein ruhiges „Amen“ erklingt. Die letzten Töne in den tiefen, dunklen Bläsern werden rätselhaft ausgeblendet ohne richtig zu schließen. Eine Vision des Paradieses? Giuseppe Verdi hat seine letzten musikalischen Worte gesprochen. Denn nach diesem „Stabat mater“, mit dem er in sein Innerstes blicken ließ, komponierte der damals 83-jährige Komponist, keine Note mehr. Die leidvolle Beschreibung der Schmerzen Marias unter dem Kreuze wurde Teil der ursprünglich nicht geplanten „Quatro pezzi sacri“.

Im Teatro Regio Torino wurden jetzt zwei von diesen vier geistlichen Gesängen aufgeführt. Neben dem erwähnten „Stabat mater“ auch noch das „Te Deum“. Die zwei weiteren Teile, nämlich das „Ave Maria“ und „Laudi alla Vergine Maria“, die von Verdi schon früher als reine a-cappella Stücke geschaffen worden waren, fehlten. Im Rahmen eines außerordentlichen Konzertes im leeren Opernhaus sang der Chor des Teatro Regio Torino von den Zuschauerstühlen vom Parkett aus, die Einstudierung besorgte Andrea Secchi, ungemein klar, intonationsrein, ausgewogen und mit Klangreichtum. Das Orchesterdes Teatro Regio Torino unter keinem Geringeren als dem souveränen Riccardo Muti wusste den völlig unsentimentalen Charakter dieser ätherischen Musik, die Spannung zwischen archaisch-gregorianischen und kühnen „modernen“ Klängen ideal nachformen. Das kurze Sopransolo aus dem „Te Deum“ sang mit großer Reinheit Eleonora Buratto.

Ganz zu Beginn wurde auch noch die „Sinfonia“ aus Verdis selten aufgeführter Oper „Giovanna d’Arco“aus 1845 mit viel Verve und reichen Abstufungen musiziert.

Dr. Helmut Christian Mayer

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